Mindestabstand zu parkendem Kfz nach Kollision mit Fahrzeugtür

19. August 2020 -

Das Amtsgericht Frankenthal hat mit Urteil vom 26.06.2020 zum Aktenzeichen 3c C 61/19 entschieden, dass ein zu geringer Seitenabstand beim Vorbeifahren an anhaltenden oder parkenden Fahrzeuge zu einem Mitverschulden des passierenden Verkehrsteilnehmers im Fall der Kollision mit der sich öffnenden Fahrzeugtür führen kann.

Aus der Pressemitteilung des AG Frankenthal vom 18.08.2020 ergibt sich:

Der Beklagte befuhr eine Straße, an deren rechten Fahrbahnrand das klägerische Kfz abgestellt war. Als der Fahrer die Fahrertür des Klägerfahrzeugs öffnete, kam es zur Kollision mit dem in diesem Moment vorbeifahrenden Beklagtenfahrzeug. Dabei entstand am klägerischen Pkw ein Reparaturschaden i.H.v. 4.521,50 Euro (netto). Zuzüglich angefallener Gutachterkosten von 815,03 Euro und einer Auslagenpauschale von 25 Euro beläuft sich der Gesamtschaden des Klägers auf 5.361,53 Euro. Zwischen den Parteien ist u.a. die Frage streitig, wie weit der Fahrer der klägerischen Kfz die Tür geöffnet hatte und ob der Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hatte.

Das AG Frankenthal hat dem Kläger 1/3 des Gesamtschadens zugesprochen.

Das Amtsgericht ist nach durchgeführter Beweisaufnahme (Zeugen, Sachverständiger) zu dem Ergebnis gekommen, dass der Fahrer des klägerischen Kfz den Schaden durch Unachtsamkeit beim Ausstieg aus dem Fahrzeug überwiegend selbst verschuldet habe.

Nach § 14 Abs. 1 StVO müsse sich jeder Verkehrsteilnehmer beim Ein- oder Aussteigen aus dem Fahrzeug so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Der Ein- bzw. Aussteigende müsse dabei insbesondere das Vorrecht des fließenden Verkehrs in beiden Richtungen mit höchster Vorsicht beachten, weshalb er den Verkehr durch die Rückspiegel und erforderlichenfalls durch die Fenster genau beobachten müsse und die Wagentür nur öffnen dürfe, wenn er sicher sein könne, dass er keinen von rückwärts oder von vorn Kommenden gefährde. Diesen Anforderungen sei das Verhalten des Fahrers nicht gerecht geworden, was als Ergebnis der Beweisaufnahme, d.h. der Vernehmung des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs und der Feststellungen des Sachverständigen, zur Überzeugung des Gerichts feststehe.

Der Beklagte habe den Unfall jedoch mitverursacht, indem er an dem Klägerfahrzeug unter Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 2 StVO ohne ausreichenden Seitenabstand vorbeigefahren sei und damit nicht nur völlig untergeordnet zur Entstehung des Zusammenpralls beigetragen habe. Nach der zitierten Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO dürfe nur überholt werden, wenn ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern (§ 5 Abs. 4 Satz 2 StVO) einzuhalten und eine Behinderung (§ 5 Abs. 4 Satz 4 StVO), Gefährdung oder gar Schädigung (§ 1 Abs. 2 StVO) des Überholten vermieden werden könne. Gleiches gelte für das Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen. Hiergegen habe der Beklagte zu 1) verstoßen, indem er den klägerischen Pkw mit einem deutlich zu geringen Seitenabstand von lediglich 30–35 Zentimetern passiert habe, was ebenfalls zur Überzeugung des Gerichts als Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe.

Zwar haben somit beide Fahrer, von deren Fahrzeugen eine vergleichbare Betriebsgefahr ausgehe, den Unfall schuldhaft herbeigeführt. Der Verstoß des Fahrers des klägerischen Kfz wiege jedoch schwerer, da er entgegen der besonderen Sorgfaltspflicht des § 14 Abs. 1 StVO die Gefahrensituation erst heraufbeschworen habe und es bei regelkonformem Verhalten gar nicht zum Unfall hätte kommen können. Demgegenüber habe der Beklagte lediglich das Fehlverhalten des Fahrzeugführers nicht in angemessener Weise antizipiert und einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten, was nach Ansicht des Gerichts im Ergebnis eine Haftungsverteilung im Verhältnis 1/3 : 2/3 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt erscheinen lasse.