Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss v. 18.06.2020 zum Aktenzeichen 1 TaBV 33/19 entschieden, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber nicht verlangen kann, in welcher Sprache dieser kommuniziert.
Die Beteiligten streiten über Unterlassungsbegehren des Betriebsrats und insbesondere darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, mit Betriebsratsmitgliedern und Mitarbeitern in deutscher Sprache zu kommunizieren.
Die Betriebssprache in den Betrieben des Unternehmens ist Deutsch. Die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Kunden hat in der Betriebssprache Deutsch zu erfolgen.
Zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern wird in Einzelgesprächen wie zBsp:
– Personalgesprächen
– Vorstellungsgesprächen
– Beurteilungsgesprächen
– Schulungen wird ebenfalls die Betriebssprache Deutsch verwendet. Erklärungen in anderen Sprachen außer der Landessprache erfolgen nicht.
Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber selbst oder der vom Arbeitgeber bestimmte Vertreter nur in einer Weise mit ihm kommuniziert, in der der zu den Besprechungen oder Verhandlungen entsandte Vertreter des Arbeitgebers selbst ausschließlich die deutsche Sprache gebraucht. Wesentliche Behinderungen der Betriebsratsarbeit oder Einschränkungen der Entfaltungsmöglichkeiten des Betriebsrats liegen nicht vor, wenn gewährleistet ist, dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin in verständlicher Form gegenüber den Betriebsratsmitgliedern abgegeben und die Erklärungen von Betriebsratsmitgliedern gegenüber der Filialleitung auch entgegengenommen und wahrgenommen werden können. Hierzu gehört, dass Erklärungen in Schrift- oder Textform zumindest dann in deutscher Sprache den Betriebsratsmitgliedern oder – über den Betriebsratsvorsitzenden – dem Betriebsratsgremium zur Kenntnis gegeben werden, wenn diese Betriebsratsmitglieder die Fremdsprache nicht ausreichend beherrschen, wovon nach dem Vortrag der Beteiligten ausgegangen werden muss. Ob der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Vertreter oder auch die Filialleitung persönlich die Texte in deutscher Sprache verfassen, ist hierbei unerheblich. Entscheidend ist, dass die Texte in deutscher Sprache beim Betriebsrat ankommen und von den Betriebsratsmitgliedern an die Vertreter des Arbeitgebers auf den Weg gegeben werden können.
Dies gilt in derselben Weise auch für mündliche Erklärungen der Beteiligten. Wenn gewährleistet ist, dass Erklärungen der Filialleiterin gegenüber dem Betriebsrat oder Betriebsratsmitgliedern übersetzt werden, soweit dies gewünscht ist, ist gleichzeitig gewährleistet, dass die Betriebsratsmitglieder verstehen und nachvollziehen können, was die Filialleitung meint und ihnen zu verstehen geben will. Falls diejenige Kraft, die die Übersetzung vornimmt, nicht korrekt übersetzt, geht dies zu Lasten der Filialleitung. Mündliche Erklärungen sind rechtlich in derjenigen Weise maßgeblich, wie sie aus dem Empfängerhorizont heraus zu verstehen sind, also wie sie übersetzt an die Betriebsratsmitglieder weitergegeben werden. Nur auf diesen Inhalt kann sich auch der Arbeitgeber berufen. Ähnliches gilt für Erklärungen oder Ausführungen von Betriebsratsmitgliedern, die an die Filialleiterin gerichtet sind. Auch diese können in deutscher Sprache erfolgen; auch diese sind in derjenigen Weise wirksam, wie sie von Personen, die die deutsche Sprache beherrschen, verstanden werden müssen. Auch hier geht also das Risiko, dass die von der Filialleitung eingesetzte Übersetzerin nicht genau dasselbe übersetzt wie es objektiv bei ihr angekommen ist, zu Lasten der Filialleitung und damit des Arbeitgebers.
Nach den Darstellungen der Beteiligten steht – zumindest nach erstmaliger Rüge des Betriebsrats – bei sämtlichen Gesprächen mit Betriebsratsmitgliedern eine Kraft zur Verfügung, die dann übersetzt, wenn die Filialleiterin sich nicht selbst ausreichend in deutscher Sprache ausdrücken kann oder wenn sie Äußerungen der Betriebsratsmitglieder nicht vollständig versteht. Damit ist eine zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte ausreichende Kommunikationsmöglichkeit gewährleistet. Eine Behinderung der Betriebsratsarbeit ist nicht erkennbar.
Die Beschwerdekammer kann nachvollziehen, dass eine Gesprächsführung mit der Filialleiterin schwieriger ist, wenn man nicht unmittelbar mit ihr sprechen kann, wenn Erklärungen jeweils erst übersetzt werden müssen. Dies wäre aber nicht anders, wenn die Filialleiterin nicht selbst anwesend wäre, sondern ihrerseits eine Vertretung beauftragen würde, die zwar in deutscher Sprache kommunizieren, aber keine Entscheidungen treffen dürfte und jeweils erst bei der Firmenleitung nachfragen müsste. Auch in einer solchen Konstellation wäre der unmittelbare Austausch erschwert. Auch dies müssten die Betriebsratsmitglieder hinnehmen, könnten nicht durchsetzen, dass derjenige das Gespräch führt, der auch die Befugnis hat, entsprechende Entscheidungen zu treffen – zumal eine solche Person häufig nicht im Beschäftigungsbetrieb anwesend ist, sondern etwa in einer Zentrale. Die Verhandlungen und Gespräche erweisen sich unter solchen Umständen als umständlicher; im Ergebnis kann die Kommunikation aber ohne Einbußen stattfinden. Eine Behinderung der Betriebsratsarbeit liegt nicht vor; auch der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebietet eine solche unmittelbare Kommunikation ohne Einschaltung eines Übersetzers oder Vertreters nicht.
Ein Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellen eines Übersetzers in bestimmten Konstellationen könnte allenfalls gegeben sein, wenn Äußerungen seines Vorsitzenden oder seiner Mitglieder gegenüber der Filialleitung deswegen nicht beachtet würden, weil sie mangels Übersetzung oder korrekter Übersetzung von dieser nicht korrekt wahrgenommen würden. Einen solchen Sachverhalt hat jedoch auch der Betriebsrat nicht behauptet. Ein solches Begehren hat der Betriebsrat im Übrigen auch nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt.
Im Übrigen wäre der Antrag schon deswegen als zu weitgehend und damit als zu global abzuweisen, weil der Sonderfall nicht ausgenommen ist, dass ein Betriebsratsmitglied eine andere Sprache besser beherrscht als die deutsche und weil deswegen eine Kommunikation mit diesem Mitglied ohne weiteres in dieser Sprache stattfinden könnte – die Betriebsratsarbeit würde in diesem Fall nicht behindert, sondern erleichtert. Der insoweit zu weit gefasste Antrag würde den Austausch auch dann verbieten. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dabei ist unerheblich, dass bei der derzeitigen Betriebsratsbesetzung eine solche Konstellation offenbar nicht gegeben ist. Die begehrte Verpflichtung ist in die Zukunft gerichtet, soll von der Arbeitgeberin in der Zukunft erfüllt werden. Wie dargestellt hat er sich durch die Abberufung und Versetzung der Filialleiterin G… nicht erledigt, weil es nicht fernliegt, dass der Arbeitgeber wieder eine Filialleitung ohne gute deutsche Sprachkenntnis einsetzen könnte. Ebenso liegt es im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einem ausländischen Konzern und der relativ großen Zahl der ausländischen Mitarbeiter im Betrieb nicht fern, dass auch ein Betriebsratsmitglied in anderer Sprache leichter kommunizieren könnte als in der deutschen.