Das Landesarbeitsgericht Kiel hat am 24.06.2020 zum Aktenzeichen 1 Ta 51/20 entschieden, dass ein Rechtsanwalt nicht im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet werden kann, wenn er nicht bereit ist, Schriftsätze auf elektronischem Weg einzureichen und in Empfang zu nehmen und ein elektronisches Empfangsbekenntnis abzugeben.
Aus der Pressemitteilung des LArbG Kiel Nr. 9/2020 vom 14.08.2020 ergibt sich:
Seit dem 01.01.2020 sind in Schleswig-Holstein gemäß § 46g ArbGG u.a. Rechtsanwälte verpflichtet, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten per Schriftsatz Klage erhoben und beantragt, die Korrespondenz ausschließlich in Papierform zu führen, da „systembedingt sein beA-Anschluss derzeit auf Grund eines Systemfehlers noch nicht funktionsfähig ist“. Der Kläger selbst teilte im Anschluss schriftlich mit, er übersende die von seinem Prozessbevollmächtigten gefertigten Schriftsätze selbst und führe die Korrespondenz mit dem Gericht. Demzufolge sollten Zustellungen an ihn erfolgen. Sein Prozessbevollmächtigter werde ihn aber weiterhin in Terminen zur mündlichen Verhandlung vertreten. Er, der Kläger, selbst sei fast Analphabet und benötige einen Prozessbevollmächtigten.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung des Prozessvertreters aber abgelehnt.
Die sofortige Beschwerde des Klägers für den Zeitraum ab 2020 blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann die Beiordnung nicht auf einzelne Handlungen des Prozessvertreters begrenzt werden. Sie umfasse die gesamte anwaltliche Vertretung der Partei in der Instanz, für die Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Nach einer Beiordnung seien alle Zustellungen gemäß § 172 ZPO an den Rechtsanwalt auszuführen. Er sei nur dann zur Vertretung bereit i.S.d. § 121 Abs. 2 ZPO, wenn er nicht nur willens, sondern auch objektiv bereit und in der Lage sei, den sich aus der Beiordnung ergebenden Pflichten tatsächlich nachzukommen. „Bereit sein“ bedeute nicht nur, dass der Rechtsanwalt erkläre, er wolle die Partei vertreten, sondern er müsse zugleich willens und in der Lage sein, die sich aus der Beiordnung ergebenden Pflichten zu übernehmen.
Der Prozessbevollmächtigte sei objektiv nicht bereit und/oder in der Lage, die ihn treffenden Pflichten eines Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren zu übernehmen. Er lehne die Zustellung an sich im elektronischen Rechtsverkehr (§ 172 Abs. 1 Satz 1, 174 Abs. 3 ZPO) ab und sei entgegen seiner Verpflichtung aus § 46g ArbGG i.V.m. § 174 Abs. 4 ZPO nicht bereit, ein elektronisches Empfangsbekenntnis zu erteilen. Auch lehne er die Einreichung von Schriftsätzen ab, da er nicht bereit sei, diese auf dem in der Arbeitsgerichtsbarkeit gesetzlich vorgeschriebenen Weg zu übermitteln.
Es sei zwar richtig, dass es in der Vergangenheit wiederholt zu Ausfällen des beA gekommen sei und weiter gelegentlich noch komme, die eine Übersendung in Einzelfällen scheitern lassen. Dass diese Gefahr bestehe, sei aber vom Gesetzgeber gesehen und berücksichtigt worden. So bleibe nach § 46g Satz 3 ArbGG eine Übermittlung von Dokumenten nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine Übermittlung im elektronischen Rechtsverkehr aus technischen Gründen vorüber-gehend nicht möglich sei.
Der Einwand des Klägers, er benötige einen Rechtsanwalt, weil er nahezu Analphabet sei, greife nicht durch. Ihm bleibe es unbenommen, einen anderen Prozessbevollmächtigten zu benennen, der die oben dargelegten Anforderungen erfülle.
Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.