Das Sozialgericht Stuttgart hat am 16.03.2020 zum Aktenzeichen S 17 R 3838/17 entschieden, dass Beschäftigungszeiten als Ingenieur beim kraftfahrzeugtechnischen Amt (KTA) der DDR keine Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sind.
Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 03.08.2020 ergibt sich:
Das KTA der DDR war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder ein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG) vom 25.07.1991.
Das SG Stuttgart hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte hat.
Nach Auffassung des Sozialgerichts hat der Kläger keine Anwartschaft auf Versorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem erworben. Denn er hätte am 30.06.1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Er war an diesem Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt, so dass der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG nicht eröffnet sei. Beim KTA der DDR handele es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb. Aufgabe des KTA war, die Sicherung des wirtschaftlichsten Betriebs des gesamten Kraftfahrzeugparkes der DDR und die Vereinheitlichung des Schätzwesens. Damit sei das KTA kein Produktionsbetrieb, denn Hauptgegenstand der Tätigkeit des Amtes waren die Abnahme und Prüfung von Kraftfahrzeugen und Motoren. Der Zweck sei eindeutig nicht auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet.
Das KTA sei auch kein einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb. Den volkseigenen Betrieben gleichgestellt waren: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.
Entgegen der Ansicht des Klägers handele es sich beim KTA auch nicht um eine Hauptverwaltung. Denn aus einer historischen und teleologischen Auslegung folge, dass es keine Notwendigkeit gegeben habe, das KTA in die 2. Durchführungsbestimmung der AVItech aufzunehmen. Geschichtlicher Hintergrund der Schaffung der Zusatzversorgungssysteme sei der starke personelle Aderlass der DDR, insbesondere bei hochqualifizierten Fachkräften, Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre. Die Liste der den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betriebe nach der 2. Durchführungsbestimmung der AVItech sei anschließend nicht mehr aktualisiert worden. Dies sei nach dem Mauerbau im Jahre 1961 schon deshalb nicht notwendig, weil die durch sie geförderten Fachkräfte nicht mehr in den Westen fliehen konnten und der Staat deshalb keine Anreize für einen Verbleib in der DDR mehr benötigte. Da die 2. Durchführungsbestimmung der AVItech somit den Zustand der DDR-Volkswirtschaft Anfang der 50er Jahre widerspiegele, erfasse sie keine neueren Entwicklungen und damit auch nicht das KTA.