Das Sozialgericht Stuttgart hat am 25.06.2020 zum Aktenzeichen S 25 R 2582/17 entschieden, dass eine nachgewiesene Beschäftigung nicht auch automatisch eine Entrichtung von Beiträgen glaubhaft macht, denn beides sind getrennt voneinander zu prüfende Tatbestandsmerkmale.
Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 03.08.2020 ergibt sich:
Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs könne eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit stattgehabter Beitragsentrichtung nicht fingiert werden, so das Sozialgericht.
Die Beteiligten stritten um die Anerkennung von Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung. Für die streitgegenständliche Zeit von 16 Monaten trug der Kläger vor, in einem Transportunternehmen beschäftigt gewesen zu sein. Es sei ihm lediglich der Nettolohn ausgezahlt worden. In den fraglichen Zeiten erfolgte durch den ehemaligen Arbeitsgeber des Klägers keine Meldung zur Krankenkasse. Schriftliche Nachweise für eine Auszahlung des Nettolohns an den Kläger lagen desgleichen nicht vor.
Das SG Stuttgart hat die auf Vormerkung der streitgegenständlichen Zeiten als Beschäftigungszeiten gerichtete Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts müssen Beitragszeiten grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Nach § 199 Satz 1 SGB VI werde bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden seien, vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden habe und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden sei. Mangels nachvollziehbarer Meldung der streitbefangenen Zeiten habe diese Vermutung nicht im Sinne des Klägers herangezogen werden können. Aber auch Beweiserleichterungen, wie die ledigliche Glaubhaftmachung (d.h. das Vorliegen der geltend gemachten Tatsache sei überwiegend wahrscheinlich, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X), hätten der Klage nicht zum Erfolg verhelfen können. Machen Versicherte glaubhaft, dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden sei, so gelte der Beitrag als gezahlt (§ 203 Abs. 2 SGB VI). Dabei sei jedoch zu beachten, dass eine nachgewiesene Beschäftigung nicht auch eine Entrichtung von Beiträgen glaubhaft werden ließe, beides seien getrennt voneinander zu prüfende Tatbestandsmerkmale.
Ein Anspruch des Klägers auf Vormerkung der streitgegenständlichen Zeiten als Beitragszeit ergebe sich auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Das Sozialgericht habe vorliegend keine Verletzung einer der Beklagten aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht erkannt. Darüber hinaus könne jedoch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit Beitragsentrichtung ohnehin nicht fingiert werden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.