Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Beschluss vom 27.07.2020 zum Aktenzeichen 1 L 2494/20.GI entschieden, dass die Flächenarbeiten im Bereich des geplanten Logistikzentrums Wölfersheim vorläufig gestoppt werden.
Aus der Pressemitteilung des VG Gießen vom 27.07.2020 ergibt sich:
Der BUND stellte einen Eilantrag, der sich gegen die sofortige Vollziehung von genehmigten Flächenarbeiten im Bereich des geplanten Logistikzentrums Wölfersheim wandte. Konkret geht es um Erdbauarbeiten zur Geländeregulierung inkl. Planumstabilisierungsmaßnahmen, mit denen bereits begonnen wurde. Erteilt hat die Baugenehmigung der Wetteraukreis auf der Grundlage eines von der Gemeinde Wölfersheim Anfang Juli 2020 beschlossenen Bebauungsplans. Der BUND, der gegen diesen Bebauungsplan der Gemeinde Wölfersheim einen Normenkontrollantrag beim VGH Kassel anhängig gemacht hat, rügt in erster Linie die mangelnde Umweltverträglichkeitsprüfung, die aus Gründen des Natur- und Artenschutzes nach seiner Auffassung unabdingbar war, aber im Vorfeld nicht bzw. nur unzureichend durchgeführt wurde. Insbesondere das Vorkommen des Feldhamsters im Plangebiet und die Nähe zu einem Vogelschutzgebiet seien daher nicht ausreichend in die Abwägung zu dem Bebauungsplan eingeflossen, der Grundlage für die Genehmigung des Vorhabens ist.
Das VG Gießen hat dem Eilantrag stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Rügen des BUND nicht von vorneherein völlig von der Hand zu weisen und es ist daher offen, wie das Normenkontrollverfahren ausgeht. Hätte die Klage vor dem VGH Kassel Erfolg, könnte die Baugenehmigung keinen Bestand haben. Es sei offen, ob im Bebauungsplanverfahren ein Abwägungsdefizit deshalb vorliege, weil das Vorkommen des Feldhamsters im Baugebiet nicht hinreichend untersucht und damit dessen Gefährdung nicht hinreichend zuverlässig eingeschätzt werden konnte. Die Untersuchungen, die sich in der einmaligen Aufstellung einer Wildkamera im Jahr 2018 erschöpft hätten, seien bei der allein möglichen summarischen Betrachtung im Eilverfahren eher unzureichend.
Auch die Bewertung der ökologischen Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf die Nähe zum Vogelschutzgebiet erscheine zweifelhaft und insofern ein Erfolg des Normenkontrollverfahrens nicht ausgeschlossen. Angesichts der Größe des Vorhabens und des damit einhergehenden Verkehrs insbesondere mit LKW musste im Bebauungsplanverfahren eine Verträglichkeitsprüfung erfolgen. Ob diese die betroffenen Belange ausreichend gewürdigt habe, könne nicht sicher beurteilt werden.
Weil das VG Gießen daher den Ausgang des Normenkontrollverfahrens als offen angesehen hat, hat es eine Folgenabwägung vorgenommen. In Abwägung der gegenläufigen Interessen und der Folgen für den Artenschutz, für den bei einem Weiterbau nicht rückgängig zu machende Konsequenzen drohten, hat das Verwaltungsgericht den Interessen des BUND den Vorrang eingeräumt. Nicht zuletzt könne bei einem Weiterbau auch die ggf. vorzunehmende Beurteilung der Artenschutzbelange vereitelt werden.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten (Baugenehmigungsbehörde und Bauherrin) können dagegen binnen zwei Wochen Beschwerde beim VGH Kassel einlegen.