Das Sozialgericht Mannheim hat mit Urteil vom 14.05.2019 zum Aktenzeichen S 7 KR 1830/18 entschieden, dass die gesetzliche Krankenkasse einer krebskranken Frau die Kosten für eine selbst beschaffte Echthaarperücke erstatten muss.
Aus der Pressemitteilung des SG Mannheim vom 23.07.2020 ergibt sich:
Die geborene Klägerin litt nach einem diagnostizierten Mammakarzinom, welches mit einer Chemotherapie behandelt wurde, unter einem vorübergehenden vollständigen Haarausfall. Anfang 2018 beantragte sie bei der beklagten Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und des Kostenvoranschlages eines Perückenstudios für eine Echthaarperücke in Höhe von 1.200 Euro die Übernahme der ihr entstehenden Aufwendungen. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, wonach eine Echthaarperücke das Maß des Notwendigen übersteige. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin abzüglich des von der Klägerin zu tragenden Eigenanteils 385 Euro zur Versorgung mit einer Kunsthaarperücke. Gleichwohl beschaffte sie sich die Echthaarperücke.
Das SG Mannheim hat der Klägerin Recht gegeben.
Nach Auffassung des Sozialgerichtsgerichts ist die Beklagte für die Versorgung der Klägerin mit einer Echthaarperücke leistungspflichtig, weil dieses Hilfsmittel erforderlich und wirtschaftlich ist sowie das Maß des Notwendigen nicht überschreitet. Bei einer Perücke handele es sich insbesondere um keinen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Ein totaler Haarverlust stelle bei einer Frau eine Behinderung dar. Die Klägerin sei wegen ihrer krankheitsbedingten vorübergehenden Kahlköpfigkeit in ihrer körperlichen Funktion beeinträchtigt. Die Krankheit habe bei Frauen eine entstellende Wirkung, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es ihnen aber erschwere oder gar unmöglich mache, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen; eine kahlköpfige Frau ziehe naturgemäß ständig alle Blicke auf sich und werde zum Objekt der Neugier, was in der Regel zur Folge habe, dass sich die Betroffene aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückziehe und zu vereinsamen drohe. Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei damit beeinträchtigt. Die Klägerin könne nicht auf eine Versorgung mit einer Kunsthaarperücke verwiesen werden. Nur eine Echthaarperücke weise eine Qualität auf, die den Verlust des natürlichen Haupthaares für unbefangene Beobachtende nicht sogleich erkennen lasse.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.