Das Bundessozialgericht hat am 16.07.2020 zum Aktenzeichen B 1 KR 15/19 R entschieden, dass Krankenhäuser Aufwandspauschalen, die sie von Krankenkassen für beanstandungslos durchgeführte Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von Krankenhausabrechnungen vor dem 01.01.2015 erhalten haben, nicht erstatten müssen.
Aus der Pressemitteilung des BSG vom 16.07.2020 ergibt sich:
Die klagende Krankenkasse ließ im Krankenhaus der beklagten Krankenhausträgerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) von 2009 bis 2015 in 71 Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung der Rechnungen durchführen. In keinem der Fälle kam es zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags. Die Krankenkasse zahlte entsprechend langjähriger allgemeiner Praxis dem Krankenhausträger dafür jeweils Aufwandspauschalen in Höhe von 300 Euro je geprüfter Krankenhausrechnung. Sie forderte diese im August 2015 aber mit Hinweis auf Urteile des BSG vom 01.07.2014 und vom 14.10.2014 wieder zurück. Sie entnimmt diesem Urteil, dem auch rückwirkend Bedeutung zukomme, eine Änderung der Rechtsprechung, wonach von den Krankenkassen Aufwandspauschalen an den Krankenhausträger nur bei Auffälligkeitsprüfungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung (Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung) zu zahlen seien, nicht aber in Fällen der Prüfung sachlich-rechnerischer Richtigkeit der Abrechnung.
Das Sozialgericht hatte die im Dezember 2015 erhobene Klage auf Erstattung von geleisteten Aufwandspauschalen abgewiesen, weil dem Krankenhausträger auch für diese MDK-Prüfungen die Aufwandspauschale zustehe. Die Differenzierung seitens des BSG zwischen sachlich-rechnerischer Richtigkeitsprüfung und Auffälligkeitsprüfung sei unzutreffend und rechtlich unhaltbar. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht das Sozialgerichts-Urteil geändert und die Beklagte zur Zahlung von 21.300 Euro nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit verurteilt. Die Beklagte habe in den streitig gebliebenen 71 Abrechnungsfällen keinen Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale gehabt. Der Erstattungsanspruch sei weder durch das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot noch nach Treu und Glauben ausgeschlossen (Urteil vom 13.12.2018).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatzes auch in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, des Rechtsstaatsprinzips und des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V, auf den die Aufwandspauschale gestützt wird. Der Anspruch auf Aufwandspauschalen erfasse auch die den Rechnungsbetrag nicht mindernde Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit, wenn der MDK Behandlungsunterlagen des Krankenhauses beiziehe. Jedenfalls sei die gegenteilige Rechtsprechung des 1. Senats des BSG nicht auf abgeschlossene Aufwandspauschalenfälle anwendbar.
Das BSG hat entschieden, dass Krankenhäuser Aufwandspauschalen, die sie von Krankenkassen für beanstandungslos durchgeführte Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von Krankenhausabrechnungen vor dem 01.01.2015 erhalten haben, nicht erstatten müssen.
Nach Auffassung des BSGn müssen die Krankenkassen den Krankenhäusern eine Aufwandspauschale zahlen, wenn Krankenkassen die Abrechnung von Krankenhäusern prüfen und die Prüfung nicht zu einer Beanstandung führt. Erstmals mit Urteil vom 01.07.2014 (B 1 KR 29/13 R) habe das BSG entschieden, dass das nicht für Prüfungen gilt, die lediglich die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung betreffen. Diese Rechtsprechung habe das BVerfG ausdrücklich nicht beanstandet. Die Krankenhäuser hätten diese Art von Aufwandspauschalen somit zu Unrecht erlangt und müssten diese den Krankenkassen grundsätzlich wieder erstatten. Hinsichtlich der vor dem 01.01.2015 gezahlten Aufwandspauschalen könnten sich Krankenhäuser jedoch auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie und die Krankenkassen hätten bis zu dem Urteil des BSG vom 01.07.2014 in ihrer langjährigen gemeinsamen Praxis nicht zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit unterschieden und konnten sich dabei auch auf die damalige Rechtsprechung des BSG stützen. Ab dem 01.01.2015 sei dagegen davon auszugehen, dass die Entscheidung vom 01.07.2014 den Krankenhäusern bekannt gewesen sei und von ihnen inhaltlich bewertet werden konnte, so dass ab diesem Zeitpunkt schutzwürdiges Vertrauen nicht mehr anzunehmen sei. Dem Erstattungsanspruch der Krankenkassen stehe insofern auch nicht entgegen, dass sie die Zahlungen in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hätten. Denn die genaue Abgrenzung der Prüfungsarten habe das BSG erst mit dem ausführlich begründeten Urteil vom 25.10.2016 (B 1 KR 22/16 R) unmissverständlich konkretisiert.