Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 18.03.2020 zum Aktenzeichen 5 U 196/18 entschieden, dass im Falle schwerster und dauerhafter Schädigungen, die der Geschädigte in jungen Jahren bewusst erlebt und von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro angemessen sein kann.
Aus der Pressemitteilung des DAV MedR Nr. 10/2020 vom 14.07.2020 ergibt sich:
Der Junge war zum Zeitpunkt der Behandlung fünf Jahre alt. Er wurde bei der Behandlung einer bakteriellen Meningitis infolge eines groben Behandlungsfehlers außerordentlich schwer geschädigt. Unter anderem verlor er beide Unterschenkel, eine Kniescheibe musste entfernt werden. Wachstumsbedingt musste er fast zwanzig Operationen zur Versorgung der Stümpfe über sich ergehen lassen und wird sein gesamtes Leben auf den Rollstuhl angewiesen sein. Aufgrund des massiven Krankheitsverlaufs sind große Teile der Körperoberfläche durch Nekrosen dauerhaft entstellt.
Das Landgericht hatte dem Jungen 800.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.
Das OLG Oldenburg hat Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind bei der Bemessung von Schmerzensgeld die Schwere der Verletzungen, das Leiden und dessen Dauer, die subjektive Wahrnehmung der Beeinträchtigungen für den Verletzten und das Ausmaß des Verschuldens des Schädigers maßgeblich. Im Falle schwerster und dauerhafter Schädigungen, die der Geschädigte in jungen Jahren bewusst erlebt und von denen anzunehmen ist, dass sie ihn lebenslang in der Lebensführung erheblich beeinträchtigen werden, könne ein Schmerzensgeld von 800.000 Euro angemessen sein. Die Entscheidung verlasse nicht den Referenzrahmen der Schmerzensgeldentscheidungen anderer deutscher Gerichte.
Der Junge werde sein ganzes Leben lang leiden müssen und er erlebe die erlittenen vielfältigen Beeinträchtigungen jeden Tag aufs Neue bewusst. Beides seien maßgebliche Gesichtspunkte bei der Bemessung des Schmerzensgelds.