Das Verwaltungsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 10.06.2020 zum Aktenzeichen 4 K 702/17.KO entschieden, dass die Kreisverwaltung Birkenfeld den Bau von zwei Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Wilzenberg-Hußweiler auch ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigen durfte.
Aus der Pressemitteilung des VG Koblenz Nr. 23/2020 vom 30.06.2020 ergibt sich:
Die Anlagen verstießen weder gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot noch lägen sonstige Rechtsverletzungen vor, so das Verwaltungsgericht.
Im Jahr 2013 beantragte die Betreibergesellschaft, die am Prozess als Beigeladene teilnahm, eine Genehmigung zum Bau von insgesamt fünf Windenergieanlagen (WEA) im Außenbereich von Wilzenberg-Hußweiler. Die Ortsgemeinde lehnte die Erteilung ihres gemeindlichen Einvernehmens ab. Die Anlagen würden das Orts- und Landschaftsbild sowie die Wohnqualität der Bürger verschlechtern, so der Gemeinderat. Auch nachdem die Beigeladene ihren Antrag auf lediglich zwei Anlagen beschränkt hatte, hielt die Gemeinde an ihrer ablehnenden Haltung fest. Die Kreisverwaltung erteilte gleichwohl die Genehmigung zum Bau der beiden Anlagen. Hiergegen wandte sich neben der Ortsgemeinde auch ein Anwohner, dessen Klage vor dem VG Koblenz ohne Erfolg blieb. Nunmehr war über die Klage der Ortsgemeinde zu entscheiden, die weitere Argumente gegen die Errichtung der Anlagen vorbrachte.
Das VG Koblenz hat entschieden, dass der beklagte Landkreis die Genehmigung zu Recht erteilt hat.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts musste entgegen der Auffassung der Klägerin eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht durchgeführt werden. Eine solche sei erst ab drei zusammenhängenden Anlagen, einer sog. Windfarm, erforderlich. Die beiden von der Beigeladenen geplanten WEA stünden aber nicht in einem funktionalen wirtschaftlichen Zusammenhang zu den bereits bestehenden WEA auf dem Gebiet der Nachbargemeinden Leisel und Siesbach, der eine UVP-Pflicht auslösen könnte. Es handele sich vielmehr um ein zufälliges Zusammentreffen, das nicht zum Nachteil der Beigeladenen gereichen dürfe, zumal diese ihre Genehmigung früher beantragt habe als die Betreiberin der WEA „Leisel-Siesbach“. Schließlich ergebe sich eine UVP-Pflicht nicht aus der Rodung von Wald, da die dauerhafte Rodungsfläche unter 1 ha liege.
Die Genehmigung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Dies stellte das Verwaltungsgericht nach umfassender Prüfung etwaiger Verletzungen artenschutzrechtlicher Bestimmungen fest. Das naturschutzrechtliche Tötungsverbot sei nicht betroffen. Es greife nur ein, wenn mit einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die betroffene Tierart zu rechnen sei. Ausgehend hiervon sei zunächst der Rotmilan nicht rechtserheblich gefährdet. Zwar liege ein Rotmilan-Horst mit einer Entfernung zur Anlage von 1.460 m bis 1.480 m innerhalb der sog. Tabuzone von 1.500 m. Diese minimale Unterschreitung führe hier aber nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko, weil die WEA in einem Waldstück errichtet werden sollten, welches für den Rotmilan als Offenlandjäger eher uninteressant sei. Die weiterhin bestehenden Gefahren für Fledermäuse und Kraniche habe der Beklagte durch Nebenbestimmungen zur Genehmigung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeschlossen. Schließlich fehlten zureichende Hinweise für das Vorkommen von Haselhühnern im Bereich der Anlagen. Ungeachtet der artenschutzrechtlichen Bedenken liege auch kein Eingriff in die Kernzonen des Naturparks Saar-Hunsrück vor. Ferner sehe die Genehmigung alle aus forstbehördlicher Sicht erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen und eine ausreichende Sicherheitsleistung für einen späteren Rückbau der WEA vor. Auch werde die Verteidigungsanlage Idar-Oberstein Link 16 durch den Bau der Anlagen nicht gestört. Dies gehe aus einer Mitteilung der zuständigen Wehrbereichsverwaltung hervor.
Gegen das Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das OVG Koblenz beantragen.