Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat am 30.06.2020 zum Aktenzeichen 4 B 20.124 entschieden, dass die Beschlagnahme und Einziehung eines Hausgrundstücks, welches der Sohn der Eigentümerin zu verfassungswidrigen Zwecken genutzt hat, im Zuge des Verbots der rechtsextremistischen Vereinigung „Freies Netz Süd“ rechtswidrig war.
Aus der Pressemitteilung des Bay. VGH vom 01.07.2020 ergibt sich:
Die Klägerin, die seit 2010 Grundstückseigentümerin ist, hatte das Wohn- und Wirtschaftsgebäude in Oberprex über einen längeren Zeitraum hinweg an ihren im „Freien Netz Süd“ aktiven Sohn vermietet. Dieser hatte die Räume unter anderem für rechtsextremistische Veranstaltungen genutzt und von dem Anwesen aus einen Versandhandel mit entsprechenden Propagandamaterialien betrieben. Gegen den entschädigungslosen Entzug ihres Anwesens wandte die Klägerin ein, ihr seien die politischen Aktivitäten ihres Sohnes nicht bekannt gewesen.
Der VGH München hat der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist die Einziehung eines Grundstücks, das durch Dritte zu verfassungswidrigen Zwecken genutzt wird, im Rahmen eines Vereinsverbots nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Insbesondere müsse dem Grundstückseigentümer bekannt sein, dass hinter der verfassungswidrigen Nutzung eine Vereinigung stehe. Zwar gehe das Gericht nicht davon aus, dass der Klägerin die vielfach medial aufbereitete rechtsextremistische Betätigung ihres Sohnes verborgen geblieben sein könne. Es sei aber zweifelhaft, ob ihr die Kenntnis davon nachgewiesen werden könne, dass die Nutzung durch das mittlerweile verbotene „Freie Netz Süd“ erfolgte. Das „Freie Netz Süd“ sei auch nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden weitgehend konspirativ tätig gewesen und nach außen nicht als Vereinigung aufgetreten.
Der VGH München hat die Revision zum BVerwG nicht zugelassen. Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen.