Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26.06.2020 zum Aktenzeichen 5 C 4.19 entschieden, dass empfängnisverhütende Mittel (Kontrazeptiva), deren arzneimittelrechtliche Zulassung auf die Empfängnisverhütung beschränkt ist, nach der Sächsischen Beihilfeverordnung beihilfefähig sein können, wenn sie aus Anlass einer Krankheit verordnet werden.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 39/2020 vom 26.06.2020 ergibt sich:
Die 1964 geborene Klägerin leidet an einem Uterusmyom mit Hypermenorrhoe, das mit Empfängnisverhütungsmitteln behandelt wurde, die den Wirkstoff Desogestrel enthalten. Unter der Therapie konnten das Myomwachstum gehemmt, die Blutungen auf ein Minimum reduziert und eine alternativ in Betracht zu ziehende Entfernung der Gebärmutter vermieden werden. Der beklagte Freistaat gewährte zunächst Beihilfe, lehnte dies aber 2014 für das neu verordnete Präparat „Jubrele“ mit der Begründung ab, das Arzneimittel sei zwar zur Empfängnisverhütung zugelassen, nicht aber zur Therapie der Krankheit der Klägerin. Kontrazeptiva würden außerdem auch von Gesunden verwendet und seien daher der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen.
Die Klage der Klägerin hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg.
Das BVerwG hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BVerwG scheitert entgegen der Ansicht des Beklagten der Beihilfeanspruch nicht daran, dass nach der Sächsischen Beihilfeverordnung Aufwendungen für ärztlich verordnete Arzneimittel nur beihilfefähig sind, wenn diese bestimmt sind, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper der Heilung oder Linderung einer Erkrankung zu dienen. Diese Zweckbestimmung könne im Einzelfall auch der verordnende Arzt auf der Grundlage seiner fachlichen Bewertung unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Zulassung treffen. Kontrazeptiva seien außerdem nicht deshalb von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, weil sie entsprechend einem beihilferechtlichen Ausschlussgrund der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind. Nach einer diesem Ausschlussgrund vorgehenden Sonderregelung in der Sächsischen Beihilfeverordnung könnten empfängnisverhütende Arzneimittel unabhängig vom Alter der Beihilfeberechtigten beihilfefähig sein, wenn sie aus Anlass einer Krankheit verordnet werden. Auch die nach der Beihilfeverordnung weiterhin erforderliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung mit dem Arzneimittel „Jubrele“ war nach den das BVerwG bindenden Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Diese hat unter Hinweis auf tatsächliche Ausführungen des Verwaltungsgerichts festgestellt, dass die Wirkungsweise und der Einsatz des Arzneimittels zu der konkreten Krankheitsbehandlung wissenschaftlichen Erkenntnissen entspreche und damit der therapeutische Nutzen erwiesen sei.