Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 10.10.2018 zum Aktenzeichen 122 C 5020/18 entschieden, dass ein 44-jähriger Mann, der mit der Begründung, er wäre zu alt, nicht an einem Elektro-Festival teilnehmen durfte, kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung hat.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 26/2020 vom 26.06.2020 ergibt sich:
Der damals 44-jährige Kläger wollte mit zwei Freunden am 26.08.2017 das von der Beklagten veranstaltete Event „Isarrauschen“ auf der Praterinsel besuchen. Dem Kläger wurde der Einlass verwehrt, auf Nachfrage wurde ihm als Grund genannt, dass er zu alt sei. Die Beklagte verweigerte die Zahlung des vom Kläger nachfolgend geforderten Schadensersatzes schriftlich unter Hinweis darauf, dass man aufgrund beschränkter Kapazitäten des Veranstaltungsbereichs das Personal am Einlass angewiesen habe, nicht passende Gäste abzuweisen. Es habe kein generelles Einlassverbot für Personen ab 35 Jahren bestanden, die Zielgruppe der Veranstaltung seien jedoch Personen zwischen 18 und 28 Jahren gewesen. Daher würden Gäste älteren Semesters, gerade auch in Gruppen, wohl auch künftig abgewiesen werden. Der Kläger meint, wegen des darin liegenden Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Anspruch auf eine Entschädigung zu haben. Er habe die Abweisung als besonders kränkend empfunden, sehe auch nicht so alt aus und bot zum Beweis dafür seine deutlich jüngere Partnerin an, die bestimmt nicht mit ihm zusammen wäre, wenn er wie ihr Vater aussähe. Das von der Beklagten geltend gemachte spezielle Veranstaltungskonzept rechtfertige ja auch nicht beispielsweise Muslime, Frauen, Behinderte oder Homosexuelle auszuschließen. Die Beklagte trug vor, dass eine Entscheidung über den Einlass nach dem äußeren Eindruck der Gäste erfolge, die Gäste würden nicht nach ihrem Alter gefragt. Um eine homogene Gruppe zu erhalten, würden die Gäste nach einer bestimmten Zielgruppe ausgesucht. Diese solle vom Aussehen her passend gekleidet, vom Alter her optisch in die Zielgruppe passen und auch nicht alkoholisiert oder anderweitig berauscht sein. Der Kläger und seine Freunde hätten optisch nicht in diese Zielgruppe gepasst, was auch an deren optischen Alter gelegen haben mag.
Das AG München hat die Klage auf Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro abgewiesen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG eine Benachteiligung aus Gründen des Alters bei der Begründung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, unzulässig. Soweit Schuldverhältnisse auf der individuellen Auswahl des Vertragspartners beruhten, stehen sie der Öffentlichkeit nicht „ohne Ansehen der Person“ zur Verfügung.
Aufgrund der Darlegungen der Parteien geht das Amtsgericht davon aus, dass es sich bei dem Event „Isarrauschen“ um eine Veranstaltung handelte, bei der junge Münchner Electronic-DJs auflegten, wobei es sich teilweise um ein Open-Air handelte. Die Kapazität auf der Praterinsel war auf 1.500 Gäste beschränkt. Der Einlass wurde durch Türsteher geregelt. Der Eintritt am Nachmittag war gratis, später war am Einlass ein Eintritt zu zahlen. Eine Unterscheidung beim Einlass nach dem optischen Alter sei bei solchen Veranstaltungen nicht nur typisch, sondern halte auch einer vernünftigen Betrachtungsweise stand. Bei derartigen Disco-Veranstaltungen stehe nicht allein die Musik im Vordergrund, sondern das gemeinsame Feiern. Das Gelingen einer solchen Veranstaltung hänge damit entscheidend von einer gelingenden Interaktion unter den Gästen ab. Daher sei eine Auswahl der Gäste, um einen gelungen Abend zu gestalten, vernünftig um den Interessen der Gäste und des Veranstalters gerecht zu werden.
Da dem Kläger in München viele weitere ähnliche Veranstaltungen, auch bei der Beklagten, zur Verfügung stehen, bei denen nicht eine bestimmte jüngere Zielgruppe angesprochen werden soll, sei die vorliegende Benachteiligung auch hinnehmbar.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung durch das LG München I am 31.03.2020 aufgrund Revision des Klägers zum BGH nicht rechtskräftig.