Das Bundesverwaltungsgericht hat am 16.06.2020 zum Aktenzeichen 2 C 12.19 entschieden, dass bei einer Disziplinarklage gegen einen Justizvollzugsbeamten wegen des Besitzes kinderpornografischen Bildmaterials der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 29/2020 vom 16.06.2020 ergibt sich:
Der beklagte Beamte ist Justizvollzugsbeamter des klagenden Landes. Im August 2013 wurde u.a. auf einem privaten Computer des Beklagten eine Vielzahl kinderpornografischer Bilder und Videos entdeckt. Durch Strafbefehl wurde gegen den Beamten wegen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornografischem Material gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Mit seiner daraufhin erhobenen Disziplinarklage strebt das klagende Land die disziplinargerichtliche Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis an.
Das Verwaltungsgericht ist nach eigener Sachaufklärung und abweichend von dem Strafbefehl lediglich vom Besitz kinderpornografischen Materials gemäß § 184b Abs. 4 StGB a.F. ausgegangen und hat auf eine Zurückstufung des Beamten in das nächstniedrigere Amt erkannt. Die dagegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Das BVerwG hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Beamte über 1.000 Bilddateien mit kinderpornografischem Material auf verschiedenen privaten Medien gespeichert. Nach Auffassung des BverwG hat er damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Dieses Fehlverhalten, obwohl außerdienstlich begangen, sei disziplinarwürdig, weil es zum Tatzeitpunkt strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden konnte. Bei einem Strafdelikt mit dieser Strafandrohung reiche der Orientierungsrahmen für die disziplinargerichtliche Ahnung im Allgemeinen nur bis zu einer Zurückstufung in ein niedrigeres Amt. Dagegen gelte ein weiter reichender Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, wenn der Besitz des kinderpornografischen Materials einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt des Beamten aufweise.
Letzteres hat das BVerwG bislang zum einen bei Lehrern (v.a. wegen ihrer Obhutspflicht für die ihnen anvertrauten Kinder) und zum anderen bei Polizeivollzugsbeamten (weil diese Straftaten zu verhindern haben) bejaht. Dieser weiter reichende Orientierungsrahmen gelte auch für Justizvollzugsbeamte. Dies beruhe u.a. auf der Erwägung, dass – würde ihr Fehlverhalten bekannt – dies zu einem Achtungs- und Autoritätsverlust führte, der es ausschließt, sie statusamtsgemäß zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einer Justizvollzugsanstalt einzusetzen. Bei einem möglichen, ebenfalls statusamtsgemäßen Einsatz in einer Jugendstrafvollzugsanstalt könnten sogar Jugendliche ab 14 Jahren in ihrer Obhut sein.