Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat am 22.01.2020 zum Aktenzeichen 7 S 693/19 entschieden, dass ein Vermieter nur die Gefahren ausräumen muss, vor denen ein sorgfältiger Benutzer sich nicht selbst schützen kann, weil die Gefahrenlage entweder völlig überraschend eintritt oder nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Aus der Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 17.06.2020 ergibt sich:
Eine vollständige Gefahrlosigkeit der Mietsache könne nicht verlangt werden, so das Landgericht.
Die minderjährige Klägerin bewohnt zusammen mit ihren Eltern eine Mietwohnung in Nürnberg, welche diese von den Beklagten angemietet haben. Im Juni 2017 befuhr sie zusammen mit ihren Geschwistern den Hofbereich des Anwesens mit dem Fahrrad und kam dort zu Fall. Sie behauptet, dass der Sturz auf beschädigte Bodenplatten zurückzuführen sei. Die Klägerin erhob zunächst beim AG Nürnberg Klage und verlangte aufgrund der schweren Verletzungen, welche sie bei dem Sturz erlitten hatte, u.a. ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 Euro von den Beklagten.
Das AG Nürnberg hatte die Klage abgewiesen. Aus Sicht des Amtsgerichts lag im konkreten Einzelfall keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagten vor. Bei dem Hofbereich handle es sich nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich, in welchem Publikumsverkehr stattfinde. Die Klägerin sei mit den Gegebenheiten im Hof vertraut gewesen, da sie zum Zeitpunkt des Unfalls bereits ein halbes Jahr in dem Anwesen gewohnt habe. Die Beklagten hätten daher davon ausgehen dürfen, dass den Mietern der Zustand der Bodenplatten bekannt sei. Aus diesem Grund hätten sie auch keine Hinweisschilder oder Ähnliches aufstellen müssen. Nach Ansicht des Amtsgerichts ändert auch die Tatsache, dass die Klägerin erst neun Jahre alt war, nichts. Der Vermieter könne darauf vertrauen, dass die Eltern ihre Kinder auf die Gefährlichkeit der Platten hinweisen und sie entweder auffordern, vom Fahrrad abzusteigen oder aber – was im konkreten Fall ohne weiteres möglich war – um die Platten herum zu fahren.
Die Klägerin hat gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt.
Das LG Nürnberg-Fürth hat die Berufung zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts muss ein Vermieter diejenigen Sicherheitsvorkehrungen treffen, die ein verständiger und umsichtiger Vermieter für ausreichend halten darf, um Mieter und deren Angehörige vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind. Das Mietobjekt müsse allerdings nicht schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein. Auch der Mieter habe sich den gegebenen Verhältnissen anzupassen, da eine vollständige Gefahrlosigkeit mit zumutbaren Mitteln nicht immer erreicht und vom Vermieter auch nicht verlangt werden könne.
Aufgrund der Lichtbilder sei deutlich erkennbar, dass die aufgesprungenen und hochgedrückten Pflastersteine für den aufmerksamen Benutzer nicht zu übersehen waren. Es handle sich auch nicht um eine überraschende Gefahrenquelle, da dieser Zustand bereits seit längerer Zeit so bestanden habe. Vor diesem Hintergrund habe sich in dem sehr bedauerlichen und folgenreichen Sturz der Klägerin lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.