Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit Urteil vom 12.05.2020 zum Aktenzeichen 2 K 9611/17 entschieden, dass die vom Regierungspräsidium Freiburg für den Windpark Oppenau/Lautenbach erteilte Befreiung von Landschaftsschutzgebietsverordnungen rechtswidrig ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Freiburg vom 08.06.2020 ergibt sich:
Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) plant die Errichtung des Windparks Oppenau/Lautenbach mit vier Windenergieanlagen auf dem Kutschenkopf und dem Eselskopf. Die Standorte von drei Anlagen liegen im Landschaftsschutzgebiet „Lierbachtal und Kniebisstraße“ bzw. im Landschaftsschutzgebiet „Oberes Achertal“. Nachdem das Landratsamt Ortenaukreis zunächst den Antrag der EnBW auf Befreiung von Ge- und Verboten in den Landschaftsschutzgebietsverordnungen abgelehnt hatte, erteilte das Regierungspräsidium Freiburg auf den Widerspruch der EnBW hin am 11.10.2017 die begehrte Befreiung.
Das VG Freiburg hat den hiergegen von der Stadt Oppenau und dem Schwarzwaldverein e.V. erhobenen Klagen überwiegend stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf die Errichtung und der Betrieb des geplanten Windparks einer – vom Landratsamt Ortenaukreis zu erteilenden – Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Genehmigung schließe nach dem im immissionsschutzrechtlichen Verfahren geltenden Konzentrationsgrundsatz (§ 13 BImSchG) andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, u.a. die angefochtene Befreiungsentscheidung. Über die Befreiung von Bestimmungen der Landschaftsschutzgebietsverordnungen sei daher allein im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu entscheiden. Indem das Regierungspräsidium Freiburg die Befreiung von Bestimmungen der Landschaftsschutzgebietsverordnungen erteilt habe, seien Beteiligungsrechte der Stadt Oppenau missachtet worden. Denn anders als im vorliegend nach dem Naturschutzgesetz durchgeführten Befreiungsverfahren sei die Stadt im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens als Standortgemeinde zweier Windenergieanlagen zu beteiligen. Insbesondere könne eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Schutz ihrer Planungshoheit nur in ihrem Einvernehmen erteilt werden.
Auch die Klage des Schwarzwaldvereins e.V., der als anerkannte Naturschutzvereinigung nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz klagebefugt sei, habe Erfolg. Er habe in dem zu Unrecht nach dem Naturschutzgesetz durchgeführten Befreiungsverfahren ebenfalls keine Beteiligungsrechte gehabt. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren könne er hingegen die Erforderlichkeit einer standortbezogenen Vorprüfung und ggf. der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Beteiligungsrechte gerichtlich geltend machen. Durch die Wahl des Verfahrens eines eigenständigen Befreiungsverfahrens sei ihm diese Möglichkeit genommen worden.
Dem Eigentümer eines Grundstücks in der Nähe des Standorts des Windparks fehle hingegen die erforderliche Klagebefugnis. Er könne lediglich die Verletzung eigener Rechte geltend machen, nicht aber die etwaige Verletzung von Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes. Aufgrund der Durchführung eines eigenständigen Befreiungsverfahrens bzw. des Verstoßes gegen den Konzentrationsgrundsatz (§ 13 BImSchG) seien ihm in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren keine Rechte abgeschnitten. Ohnehin könne er nur geltend machen, dass von dem Windpark schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen. Dies sei ihm aber noch im immissionsschutzrechtlichen Verfahren möglich.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat die – innerhalb eines Monats einzulegende – Berufung zum VGH Mannheim wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.