Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26.05.2020 zum Aktenzeichen 1 C 12.19 entschieden, dass der Ausschluss des Familiennachzugs bei zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken begründetem Verwandtschaftsverhältnis nicht auf den Nachzug der leiblichen ausländischen Mutter zu ihrem minderjährigen Kind anwendbar ist, dessen deutsche Staatsangehörigkeit aus der rechtlich wirksamen Anerkennung durch einen deutschen Staatsangehörigen folgt.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 25/2020 vom 26.05.2020 ergibt sich:
Die Klägerin, eine vietnamesische Staatsangehörige, reiste im Mai 2005 in das Bundesgebiet ein. Nach der Rücknahme eines Asylantrages wurde ihr Aufenthalt zunächst geduldet. Im Mai 2006 erkannte ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft für ihren seinerzeit noch ungeborenen Sohn an. In der Folgezeit wurde ihr eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt. Im November 2009 beantragte die Klägerin nach einem Umzug in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten dort die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen ihr und ihrem Sohn (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Wegen des Verdachts einer Vaterschaftsanerkennung allein aus aufenthaltsrechtlichen Gründen (Zweckvaterschaftsanerkennung) wurde der Antrag nicht beschieden. Ein behördlicher Vaterschaftsanfechtungsantrag wurde im Anschluss an die Feststellung der Nichtigkeit des § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F. durch das BVerfG zurückgenommen. Auf die beim Verwaltungsgericht erfolglose Untätigkeitsklage hin hat der Verwaltungsgerichtshof die Beklagte zur auch rückwirkenden Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis verpflichtet. Die Ausschlussklausel des § 27 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 AufenthG sei nicht auf den Nachzugsanspruch einer ausländischen Mutter zu ihrem deutschen Kind anzuwenden, das die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund der Vaterschaftsanerkennung durch einen Deutschen erworben hat.
Das BVerwG hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zur Unanwendbarkeit der Ausschlussklausel bestätigt.
Das BVerwG hat offengelassen, ob § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG Vaterschaftsanerkennungen insgesamt nicht erfasst und den Familiennachzug nur bei Ehen, Lebenspartnerschaften und Adoptionen ausschließt, die allein der Ermöglichung des Aufenthalts im Bundesgebiet dienen.
Nach Auffassung des BVerwG ist § 27 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 AufenthG jedenfalls dann nicht auf eine Vaterschaftsanerkennung anzuwenden, wenn diese nicht das Verwandtschaftsverhältnis zwischen nachzugswilligem Ausländer (hier: der Mutter) und dem im Deutschland lebenden Familienmitglied (hier: deren Sohn) begründet. Die Anerkennung der Vaterschaft eines Kindes durch einen Deutschen mit dem Ziel, der ausländischen Mutter des Kindes den Familiennachzug zu ermöglichen, begründet weder zwischen dem Anerkennenden und der ausländischen Mutter noch zwischen dieser und ihrem Kind ein Verwandtschaftsverhältnis i.S.d. § 27 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 AufenthG.