Das Oberlandesgericht Oldenburg hat am 27.05.2020 zum Aktenzeichen 1 Ausl 29/18 beschlossen, dass der ukrainische Staatsangehörige, der Ende November 2019 auf Veranlassung der ukrainischen Justiz in Auslieferungshaft genommen wurde und seitdem in Oldenburg inhaftiert ist, nicht an die Ukraine ausgeliefert wird und hat zugleich den Auslieferungshaftbefehl aufgehoben.
Aus der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 27.05.2020 ergibt sich:
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann zwar gegenwärtig nicht festgestellt werden, dass die Strafverfolgung in der Ukraine aus politischen Motiven erfolge. Eine Auslieferung sei aber unzulässig, da konkrete Anhaltspunkte vorlägen, nach denen verbindliche völkerrechtliche Mindeststandards nicht gewahrt seien. Im vorliegenden Fall sei nämlich zu erwarten, dass die Haftbedingungen in dem Untersuchungsgefängnis in Kiew, in dem der Ukrainer nach der Mitteilung des Ukrainischen Gerichts nach der Auslieferung untergebracht werden sollte, nicht den Erfordernissen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entsprächen. Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (CPT, eine Institution des Europarats) habe die Haftanstalt 2017 besucht und 2018 darüber berichtet. Das CPT stellte fest, dass die Hafträume häufig stark überbelegt und in sehr schlechtem Zustand seien. Es seien nicht genug Betten für alle Häftlinge vorhanden, die Belüftung und Beleuchtung seien schlecht. Die Haftbedingungen seien unmenschlich und erniedrigend, so das CPT seinerzeit. Die Ukraine hatte eine Verbesserung der Zustände zugesagt.
Das Oberlandesgericht hatte über die Generalstaatsanwaltschaft und das Bundesamt für Justiz die ukrainischen Behörden deshalb um eine inhaltlich differenzierte Beschreibung der von dem inhaftierten Ukrainer konkret zu erwartenden Haftbedingungen gebeten. Die ukrainischen Behörden hatten jedoch nur allgemeine Angaben zur Unterbringung in der fraglichen Untersuchungshaftanstalt gemacht und pauschal mitgeteilt, die internationalen Standards würden eingehalten. Diese Zusicherung hielt das Oberlandesgericht angesichts der Feststellungen des CPT nicht für ausreichend. Es bestehe eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass im konkreten Fall die völkerrechtlichen Mindeststandards für Haftbedingungen nicht eingehalten würden. Eine Auslieferung sei daher unzulässig.