Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 20.05.2020 zum Aktenzeichen 1 O 481/18 im Streit um vom Diesel-Abgasskandal betroffene Fahrzeuge entschieden, dass die Volkswagen AG der Stadt Bonn gegen Rücknahme von 27 städtischen VW-Dieselfahrzeugen knapp 470.000 Euro Schadensersatz zahlen muss.
Aus der Pressemitteilung des LG Bonn Nr. 17/2020 vom 20.05.2020 ergibt sich:
Die Stadt hatte in ihrer Klage von der beklagten Volkswagen AG die Zahlung von 678.193,52 Euro nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen die Rückgabe der 27 erworbenen Fahrzeugen des Fabrikats VW verlangt. Dazu hatte die Stadt Bonn als Klägerin vorgetragen, dass in die Fahrzeuge verbotene Abschalteinrichtungen verbaut seien und die Beklagte sich daher in der geltend gemachten Höhe schadensersatzpflichtig gemacht habe.
Das LG Bonn hat entschieden, dass die Volkswagen AG der Stadt Bonn 469.120,79 Euro nebst Zinsen zahlen muss. Im Gegenzug muss die Stadt Bonn 27 für den städtischen Fuhrpark erworbene PKWs an die Volkswagen AG zurückgeben. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat die Volkswagen AG gegen die guten Sitten i.S.d. § 826 BGB verstoßen, indem sie mit der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware versehenen entwickelten Diesel-Motor der Baureihe EA189 in den Verkehr brachte. Durch ihr Verhalten habe sie dazu beigetragen, die Vorschriften zur Abgasmessung und Einstufung in Schadstoffklassen im Rahmen der Erlangung einer EG-Typgenehmigung weitgehend zu umgehen. Sie habe durch ihr Verhalten bewirkt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem von ihr hergestellten Motor ausgestattet wurde, auf dem die mit der beschriebenen Umschaltlogik versehene Software installiert gewesen sei. Dies habe dazu geführt, dass die tatsächlichen NOx-Emissionen des Fahrzeuges im täglichen Betrieb nicht mit den auf dem Prüfstand ermittelten NOx-Emissionen korrelierten. Vielmehr entkoppelte die eingesetzte Motorsteuerungssoftware das tatsächliche Emissions-Verhalten von dem Emissions-Verhalten im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), das Grundlage der Erlangung der EG-Typengenehmigung gewesen sei.
Daraus folge, dass die Stadt Bonn von der Volkswagen AG die Rückgängigmachung der vertraglichen Verpflichtungen aus dem Erwerb der jeweiligen Fahrzeuge verlangen kann. Die Volkswagen AG müsse demnach die wirtschaftlichen Folgen der Käufe dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis gegen Herausgabe der Fahrzeuge erstattet. Dabei müsse die Stadt sich nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung die von ihr gezogenen Nutzungen anrechnen lassen. Das bedeute, dass die Stadt Bonn im Gegenzug für jedes Fahrzeug eine Nutzungsentschädigung zahlen müsse. Die Nutzungsentschädigung sei dabei für jedes Fahrzeug dergestalt zu ermitteln, dass der Kaufpreis ins Verhältnis zur zu erwartenden Laufleistung zu setzen sei. Hieraus ergebe sich ein Wert für jeden Fahrkilometer, anhand dessen der Nutzungsersatz für die tatsächlich gefahrenen Kilometer ermittelt werden könne. Von dem Anschaffungspreis für die 27 Fahrzeuge in Höhe der vom Gericht angenommenen insgesamt 558.728,35 Euro sei somit ein Nutzungsersatz von insgesamt 89.607,56 Euro abzuziehen.
Die darüber hinaus geltend gemachten Kosten für die Umrüstung von Teilen der Fahrzeugflotte und Leasingkosten für einzelne der PKWs könne die Stadt hingegen nicht verlangen, da diese auch beim Erwerb anderer Fahrzeuge, die nicht mit den entsprechenden Motoren ausgestattet gewesen wären, entstanden sein würden.