Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 11.05.2020 zum Aktenzeichen 13 MN 143/20 die in der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus geregelte grundsätzliche Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende einstweilig außer Vollzug gesetzt.
Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 21/2020 vom 11.05.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller, der Eigentümer einer Ferienhausimmobilie in Südschweden ist, wandte sich mit einem Normenkontrolleilantrag gegen die Quarantänepflicht (§ 5 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona Virus vom 08.05.2020) und argumentierte, die Voraussetzungen, an die das Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit der Anordnung einer Quarantäne anknüpfe, lägen auch bei typisierter Betrachtungsweise nicht bei allen Rückkehrern aus dem Ausland vor.
Das OVG Lüneburg hat dem Eilantrag entsprochen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts fehlt es bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer derartigen Vorschrift. § 32 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) lasse eine Regelung durch Rechtsverordnung nur zu, wenn die Voraussetzungen vorlägen, die für den Erlass einer Einzelmaßnahme nach den §§ 28 bis 31 IfSG erfüllt sein müssten. § 30 IfSG sehe die Verhängung von Quarantänemaßnahmen nur für im Gesetz näher bestimmte Kranke, Krankheitsverdächtige, Ausscheider und Ansteckungsverdächtige vor. Im Hinblick auf die weltweiten Fallzahlen, die in Relation zur Weltbevölkerung zu setzen seien, könne auch bei Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer ein aus dem Ausland Einreisender nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden. Voraussetzung sei insoweit nach der Rechtsprechung des BVerwG, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Davon könne nicht unterschiedslos hinsichtlich aller Herkunftsregionen ausgegangen werden.
Die Einbeziehung weiterer Personengruppen in den Kreis derjenigen, gegen die Quarantänemaßnahmen gerichtet werden können, wie die der aus dem Ausland Einreisenden, sei Aufgabe des Gesetzgebers. Die Freiheit der unter Quarantäne Gestellten würden durch diese Maßnahme in erheblichem Maße beschränkt.
Auf der anderen Seite bleibe es dem Antragsgegner unbenommen, durch Rechtsverordnung auf der Grundlage tatsächlich nachvollziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, die die Verhängung einer Quarantäne rechtfertigen. Alternativ könne er aus dem Ausland Einreisenden eine Pflicht zur unverzüglichen Meldung bei den jeweils zuständigen Infektionsschutzbehörden auferlegen. Diese könnten dann, ggf. aufgrund durchgeführter Befragungen und/oder Tests, die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, zu denen bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall auch die Verhängung einer Quarantäne gehören könne.
Der Beschluss ist unanfechtbar.