Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 09.04.2020 zum Aktenzeichen 16 U 218/18 entschieden, dass eine Ärztin negative Nutzerbewertungen auf einem Ärztebewertungsportal hinnehmen muss, wenn sie auf einer Tatsachengrundlage beruhen und die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 33/2020 vom 30.04.2020 ergibt sich:
Zudem habe die Ärztin auch keinen Anspruch auf Löschung ihrer Basisdaten, so das Oberlandesgericht.
Die Klägerin ist Augenärztin in Hessen. Die Beklagte betreibt ein Arztsuche- und bewertungsportal, auf dem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe kostenfrei abgerufen werden können. Die Beklagte bietet auf dem Portal als eigene Information sog. Basisdaten eines Arztes an (Name, Fachrichtung, Praxis Anschrift, Kontaktdaten ect.). Daneben sind Bewertungen abrufbar, die Nutzer in Form eines Notenschemas, aber auch in Form von Freitextkommentaren abgegeben haben. Gegen Bezahlung können die Ärzte als Anzeige gekennzeichnete zusätzliche Informationen veröffentlichen lassen, sog. Premiummitgliedschaft.
Die Klägerin bat um Löschung der negativen Bewertung und um Mitteilung des Urhebers. Die Bewertung wurde in der Folgezeit zunächst unsichtbar, nach einer Rücksprache mit dem/der Urheber/in des Kommentars jedoch wieder sichtbar gemacht. Der Urheber wurde nicht benannt. Eine Löschung der Basisdaten lehnte die Beklagte ebenfalls ab. Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auf Löschung ihrer Basisdaten, hilfsweise auf Löschung des Nutzerkommentars in Anspruch.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben.
Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG Frankfurt Erfolg.
Nach Auffassung des Oberlandesgericht kann die Klägerin nicht die Löschung ihrer Basisdaten verlangen. Auch ohne Zustimmung der Klägerin liege hier eine rechtmäßige Datenverarbeitung vor. Dies sei gemäß der DSGVO der Fall, wenn die Datenverarbeitung zur Wahrnehmung des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sei, sofern nicht Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Dritte seien hier die Nutzer des Portals, die sich über Ärzte informieren wollten.
Hier falle die erforderliche Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten einerseits und den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person auf der anderen Seite zulasten der Klägerin aus. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das von der Beklagten betriebene Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle, sofern die Betreiberin als neutraler Informationsmittler auftrete. Dies sei hier der Fall. Anders als in früher vom BGH entschiedenen Konstellationen lägen insbesondere keine verdeckten Vorteile für die sog. Prämienkunden (mehr) vor. Für den Nutzer sei vielmehr klar ersichtlich, dass für die Anzeigen, die als solche bezeichnet und farblich unterlegt seien, eine Vergütung zu entrichten sei. Es fehle demnach nicht an der erforderlichen Transparenz.
Die Klägerin könne auch nicht Löschung der Bewertung verlangen. Das vom Portalbetreiber in derartigen Fällen einzuhaltende Verfahren sei hier durchgeführt worden. Die bemängelte Kritik sei von der Klägerin hinzunehmen, da sie dadurch nicht rechtswidrig in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Es handele sich um Meinungsäußerungen, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten. Sie beruhten auch auf einem Besuch bei der Klägerin und entbehrten demnach nicht jeder Tatsachengrundlage.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.