Das Landgericht Rostock hat mit Urteil vom 11.10.2019 zum Aktenzeichen 1 O 27/18 entschieden, dass der Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes einen erkrankten Reisenden vom Schiff verweisen darf, sofern auch ein nur geringes Risiko einer Lebensgefahr für den Reisenden besteht, ohne dass dem Reisenden ein Schadensersatz- oder Reisepreisminderungsanspruch zusteht.
Aus dem Newsletter des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) vom 15.04.2020 ergibt sich:
Eine Frau unternahm im Alter von 83 Jahren eine Kreuzfahrt. Während der Reise klagte sie über anhaltende Darmbeschwerden, die bei ihr seit circa 20 Jahren chronisch waren, und begab sich deswegen in das Bordhospital des Schiffes. Die Bordärztin hielt es für möglich, dass eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Reisenden eintreten könnte und stufte diese daher als medizinisches Risiko ein. Nach Einschätzung der Ärztin waren zeitnahe intensive medizinische Behandlungen zur Verhinderung schwerer Schäden oder sogar des Todes nicht unrealistisch. Der Kapitän des Kreuzfahrtschiffes verwies die Reisende daraufhin unter Verweis auf die Einschätzung der Bordärztin von dem Schiff. Diese reichte daraufhin Klage gegen die Reiseveranstalterin ein und verlangte Zahlung von Schadensersatz sowie Reisepreisminderung.
Das LG Rostock hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat der Kapitän den Reisevertrag wirksam kündigen dürfen, dies habe er auch getan. Nach den Reisebedingungen war eine Kündigung zulässig, wenn der körperliche Zustand eines Kunden eine Weiterreise nicht zulasse, weil dieser eine Gefahr für den Kunden selbst darstelle. Ein solcher Fall lag hier vor. Der Bordverweis sei gerechtfertigt gewesen, weil eine mögliche Lebensgefahr oder zumindest Gesundheitsgefahr bestanden habe. Zwar sei das Risiko gering gewesen, jedoch wäre das Risiko im Falle seiner Verwirklichung äußerst erheblich gewesen. Die Frage, ob eine Weiterreise des Reisenden angesichts seines Gesundheitszustandes eine Gefahr für ihn bedeute, unterliege der Entscheidung des Kapitäns beraten durch den Bordarzt. Hierbei habe er einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Geht es darum, einer Lebensgefahr für den Reisenden Rechnung zu tragen, müsse es dem Kapitän auch bei einer geringen Wahrscheinlichkeit, dass sich die Gefahr realisiert, erlaubt sein, den Bordverweis als ultima ratio auszusprechen.