Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 12.03.2020 zum Aktenzeichen 13 K 7090/19 auf einen Eilantrag eines Bewerbers um die Stelle eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht dem Land Baden-Württemberg im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene Stelle mit dem vom Justizministerium ausgewählten Bewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 09.04.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller ist Richter am OLG Karlsruhe. Im Jahr 2014 bewarb er sich um die Stelle des Vizepräsidenten eines Landgerichts. Die damalige Präsidentin des Oberlandesgerichts erstellte für den Antragsteller eine dienstliche Regelbeurteilung und eine Anlassbeurteilung. Auf die Klage des Antragstellers hin verurteilte das VG Karlsruhe das Land Baden-Württemberg mit Urteil vom 29.10.2015 (2 K 3639/14), die Regelbeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu fassen und stellte fest, dass die Anlassbeurteilung ebenfalls rechtswidrig sei. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem aus, die Präsidentin des Oberlandesgerichts sei beim Abfassen der Beurteilungen voreingenommen gewesen. Sie habe den Antragsteller aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen, da für die ausgeschriebene Stelle bereits andere Pläne bestünden und ein Aufrechterhalten der Bewerbung für ihn nachteilig sei, dies obwohl sie zu diesem Zeitpunkt weder den Grad der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Mitbewerbers gekannt habe, noch den aktuellen Eig-nungs-, Befähigungs- und Leistungsstand des Antragstellers. Auf den Berufungszulassungsantrag des Landes hin schlossen die Beteiligten vor dem VGH Mannheim einen Vergleich, in dem sich das Land Baden-Württemberg verpflichtete, die streitgegenständliche Beurteilung des Antragstellers aus dessen Personalakten zu entfernen und als nicht existent zu betrachten.
Im Dezember 2018 bewarb sich der Antragsteller um die ausgeschriebene Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht beim OLG Karlsruhe. Das Justizministerium wählte einen Mitbewerber aus, welcher Vorsitzender Richter an einem Landgericht ist. Der Antragsteller beantragte daraufhin beim VG Karlsruhe einstweiligen Rechtsschutz. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 17.06.2019 untersagte das Verwaltungsgericht dem Land Baden-Württemberg, die Vorsitzendenstelle beim Oberlandesgericht mit dem ausgewählten Mitbewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden sei. Zur Begründung führte es unter anderem aus, die Beurteilung des Mitbewerbers sei aus formalen Gründen rechtswidrig. Das Justizministerium habe zudem die in den Beurteilungen des Antragstellers und des Mitbewerbers enthaltenen Einzelaussagen nicht inhaltlich ausgeschöpft, indem es etwa positive Beschreibungen des Antragstellers unzutreffend wiedergegeben habe. Nachdem für den Mitbewerber eine neue Anlassbeurteilung erstellt worden war, traf das Justizministerium eine neue Auswahlentscheidung. Erneut wurde dem Mitbewerber der Vorzug vor dem Antragsteller gegeben. Der Antragsteller hat daraufhin ein zweites Mal einen Eilantrag beim VG Karlsruhe gestellt.
Das VG Karlsruhe hat dem Eilantrag ganz überwiegend stattgegeben und dem Land Baden-Württemberg im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene Stelle mit dem vom Justizministerium ausgewählten Bewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die der Auswahlentscheidung des Justizministeriums zugrundeliegende Anlassbeurteilung des Antragstellers rechtswidrig, da auch der nunmehrige Beurteiler, der Präsident des Oberlandesgerichts, voreingenommen sei. Er habe geäußert, in der Vergangenheit habe es Ärger aus der Kollegenschaft gegeben, wenn ausnahmsweise ein Richter am Oberlandesgericht unmittelbar zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht befördert worden sei, er wolle sich den damals von potentiellen Bewerbern geäußerten Unmut ersparen. Weiter seien der Präsident des Oberlandesgerichts und das Justizministerium rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass an das Amt eines Vorsitzenden Richters am Landgericht höhere Anforderungen zu stellen seien als an das Amt eines Richters am Oberlandesgericht. Die Bewerber seien, obwohl sie das gleiche Statusamt (Besoldungsgruppe R 2) bekleideten und nach diesem zu beurteilen seien, nach dem übertragenen Amt im abstrakt-funktionellen Sinn (Vorsitzender Richter am Landgericht einerseits, Richter am Oberlandesgericht andererseits) beurteilt worden. Der Leistungsvorsprung des Mitbewerbers, auf den das Justizministerium abgestellt habe, ergebe sich insofern nicht aus den konkreten Einzelaussagen der Beurteilungen, sondern bereits aus dem dem Mitbewerber übertragenen abstrakt-funktionellen Amt. Der Auswahlvermerk des Justizministeriums sei erneut fehlerhaft, da er wiederum Auslassungen zu Lasten des Antragstellers aufweise und eine Einzelaussage aus der Beurteilung des Antragstellers gar in ihr Gegenteil verkehre. Schließlich bedürfe der Umstand, dass man die Rechtskenntnisse des Mitbewerbers am 11.12.2018 noch als „sehr gut“ beurteilt habe, in der neuen Beurteilung vom 14.08.2019 hingegen als „ausgezeichnet“, einer näheren Begründung.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum VGH Mannheim einlegen.