Das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar hat mit Beschluss vom 08.04.2020 zum Aktenzeichen 3 EO 245/20 entschieden, dass die Betriebsschließung für Fitnessstudios in Thüringen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie weiterhin gilt.
Aus der Pressemitteilung des Thür. OVG vom 08.04.2020 ergibt sich:
Die vom Thüringer Gesundheitsministerium am 07.04.2020 erlassene Zweite Thüringer Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Zweite Thüringer SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung – 2. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO) bestimmt in ihrem § 5 Abs. 1 Nr. 1 die Schließung u.a. von Fitnessstudios für den Publikumsverkehr. Der Betreiber eines Fitnessstudios leitete ein Eilverfahren ein, die Verordnung in Bezug auf Fitnessstudios vorläufig bis zur Entscheidung in einem gegen die Verordnung gerichteten Normenkontrollverfahren außer Vollzug zu setzen.
Das OVG Weimar hat den Eilantrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wirft der Erlass infektionsschutzrechtlicher Regelungen angesichts der Abwendung erheblicher Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft und damit einhergehender Gefährdungen existentieller Rechtsgüter wie Leib und Leben einerseits und den damit verbundenen gravierenden Beschränkungen grundrechtlich geschützter Freiheitsräume bis hin zu deren vorübergehender Außerkraftsetzung andererseits schwierigste Rechts- und Tatsachenfragen auf, die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärt werden können. Ungeachtet dieser zu einem späteren Zeitpunkt in der Rechtsprechung – nicht zuletzt der Verfassungsgerichte – zu klärenden Grundsatzfragen, sprächen aber gewichtige Aspekte für die Rechtmäßigkeit der erlassenen und hier konkret angegriffenen Regelung der Betriebsschließung von Fitnessstudios.
Die Betriebsschließung habe ihre Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz. Es sei nicht ernstlich streitig, dass es sich bei der Coronavirus-Krankheit COVID-19 um eine nach dem Infektionsschutzgesetz zu bekämpfende im ganzen Bundesgebiet verbreitete übertragbare Krankheit handele.
Es komme nicht darauf an, ob die Antragstellerin und ihre Kunden zum Kreis der Kranken oder Krankheitsverdächtigen, gehörten, weil sich Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten auch gegen Dritte richten könnten.
Es gebe gewichtige Gründe, anzunehmen, dass jedenfalls die Untersagung des Betriebs eines Fitnessstudios nicht unverhältnismäßig sei.
Der mit den in der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung getroffenen Regelungen bezweckte Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwersterkrankter Menschen stelle ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems durch geeignete Mittel zu gewährleisten und das Leben und die Gesundheit der durch eine Überforderung des Gesundheitssystems unmittelbar Gefährdeten zu schützen, sei grundlegende (Schutz-)Aufgabe des Staates.
Es liege auf der Hand, dass es – ungeachtet der unvermeidbaren Kontakte der Beschäftigten untereinander – gerade beim Besuch von Fitnessstudios regelmäßig zu einer Vielzahl von persönlichen Kontakten – sei es mit den Beschäftigten oder anderen Kunden – komme. Außerdem sei durch die Art der sportlichen Betätigung regelmäßig der verstärkte und weiterreichende Ausstoß von – möglicherweise infektiösen – Aerosolen konkret zu befürchten. Die Schließung dieser Art von Sportstätten sei daher grundsätzlich geeignet, die Entstehung von Infektionsketten zu vermeiden.
Gleichermaßen wirksame und effektive Maßnahmen zur Gefahrvermeidung durch persönliche Kontakte als durch die Schließung der Fitnessstudios seien nicht ersichtlich.
Die Erzielung von Einnahmen zum Bestreiten des Lebensbedarfs des Fitnessstudiobetreibers und seiner Mitarbeiter in einem Bereich von gefahrerhöhender Tätigkeit habe vorrübergehend zurückzustehen gegenüber der Durchsetzung überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange. Neben der zeitlichen Befristung der Maßnahme sei auch zu berücksichtigen, dass der Bund und der Freistaat zahlreiche Hilfsmaßnahmen beschlossen hätten, die die Existenz von Unternehmen in der Corona-Krise sichern sollen.
Ungeachtet dessen bestehe aber auch für den Verordnungsgeber eine fortwährende Beobachtungs- und Überprüfungspflicht, ob und inwieweit er an den Einschränkungen festhalte.
Der Beschluss ist unanfechtbar.