Das Oberlandesgericht Naumburg hat am 30.03.2020 zum Aktenzeichen 1 Ws HE 4/20 entschieden, dass die Verschiebung einer Hauptverhandlung wegen der aktuellen Gefährdungslage durch den SARS-CoV-2-Erreger einen wichtigen Grund darstellen kann, der die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus rechtfertigt.
Aus der Pressemitteilung des OLG Naumburg Nr. 3/2020 vom 06.04.2020 ergibt sich:
Den beiden Angeklagten wird unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vorgeworfen. Sie befinden sich seit dem 26.09.2019 in Untersuchungshaft. Anfang März 2020 hat das LG Dessau-Roßlau das Hauptverfahren eröffnet. Am selben Tage wurde der Beginn der Hauptverhandlung auf den 24.03.2020 bestimmt und wurden weitere Fortsetzungstermine festgelegt. Mit Verfügung vom 23.03.2020 wurden die Hauptverhandlungstermine auf Antrag eines Verteidigers wegen der derzeitigen Gefährdungslage durch das neuartige Coronavirus aufgehoben und wurde ein neuer Beginn der Hauptverhandlung auf den 14.04.2020 bestimmt. Das LG Dessau-Roßlau hat sodann das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Prüfung der weiteren Haftfortdauer im Hinblick auf die §§ 121, 122 StPO vorgelegt. Nach diesen Vorschriften darf die Untersuchungshaft ohne ein Urteil nur dann länger als sechs Monate vollzogen werden, wenn die besondere Schwierigkeit, der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
Die vom OLG Naumburg durchgeführte Haftprüfung hat ergeben, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das Verfahren bis zu dem ursprünglich vorgesehenen Beginn der Hauptverhandlung ausreichend beschleunigt geführt worden. Die Verschiebung der Hauptverhandlung in den April stelle ebenfalls keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot dar. Es sei in jedem Einzelfall abzuwägen, ob die Interessen der Allgemeinheit an einer funktionierenden S.trafrechtspflege und die Interessen des Angeklagten an einer zügigen Erledigung des gegen ihn geführten Strafverfahrens oder die mit der Durchführung einer Hauptverhandlung verbundenen gesundheitlichen Gefahren überwiegen. Die Durchführung einer Hauptverhandlung könne in der konkreten Situation insbesondere wegen Schwierigkeiten bei der Einhaltung des Abstandsgebots mit einem erheblichen Risiko behaftet sein, das nicht durch das Gericht oder die Justizbehörden zu vertreten sei und das Interesse an der Strafrechtspflege überwiege.