Corona-Verordnung: Vor Anrufung des BVerfG muss Verwaltungsrechtsweg eingeschlagen werden

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 31. März 2020 zum Aktenzeichen 1 BvR 712/20 entschieden, dass es einem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zuzumuten ist, vor der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten einzuschlagen.

§ 1 und 14 SARS-CoV-2-EindmaßnV regeln unmittelbar geltende Verhaltensverbote. Die Möglichkeit fachgerichtlichen Rechtsschutzes bietet sich dem Beschwerdeführer gleichwohl im Hinblick auf Vollzugsmaßnahmen. Dieser Weg könnte ihm deshalb zumutbar sein, weil er sich möglicherweise nicht allein schon durch eine Missachtung der abstrakt-generellen Verbote der Verordnung, sondern erst dadurch dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde, dass er einem an ihn gerichteten, der Konkretisierung des jeweiligen Verbots im Einzelfall dienenden Verwaltungsakt zuwiderhandelte. Dafür könnte der Wortlaut von § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG sprechen, wonach bestraft wird, „wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Abs. 1 Satz 2, § 30 Abs. 1 oder § 31, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1, zuwiderhandelt“.

Dies kann indes dahinstehen. Denn der Beschwerdeführer kann fachgerichtlichen Rechtsschutz auch auf andere Weise, also ohne vorherigen Verstoß gegen §§ 1 oder 14 SARS-CoV-2-EindmaßnV und einen daran anknüpfenden Vollzugsakt erlangen. Das gilt unabhängig von der – im Land Berlin fehlenden – Möglichkeit einer prinzipalen Normenkontrolle untergesetzlichen Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Der Beschwerdeführer ist gehalten, vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts beim Verwaltungsgericht eine mit einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbundene negative Feststellungsklage nach § 43 VwGO gegen die individuelle Verbindlichkeit der hier angegriffenen Verbote zu erheben, die nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere dann grundsätzlich zulässig ist, wenn dem Betroffenen das Abwarten eines Normvollzugsakts wegen drohender Sanktionen nicht zugemutet werden kann. Mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 GG ist es dafür hier ausreichend, dass sich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausschließen lässt, dass auch schon ein Verstoß gegen eines der abstrakt-generellen Verbote gemäß §§ 1 und 14 SARS-CoV-2-EindmaßnV nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG strafbar ist. Aufgrund der Möglichkeit des Beschwerdeführers, eine Feststellungklage mit einem Antrag auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verbinden, droht ihm – entgegen seinem Vorbringen – durch den Verweis auf fachgerichtlichen Rechtsschutz kein schwerer und unzumutbarer Nachteil (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).