Das Landgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 04.03.2020 zum Aktenzeichen 10 O 701/19 entschieden, dass ein Wanderer, der sich auf dem Harzer Hexen-Stieg auf einem Waldgrundstück in Thale schwer verletzt hat, keinen Schadensersatz von der Stadt verlangen kann, da Wanderer den Wald auf eigene Gefahr besuchen und damit für ihre eigene Sicherheit verantwortlich sind.
Aus der Pressemitteilung des LG Magdeburg vom 04.03.2020 ergibt sich:
Der Mann aus Friesland ist am 13.07.2018 mit seiner Familie auf einem Teil des auf einem Waldgrundstück der Stadt Thale liegenden touristisch beworbenen „Harzer-Hexen-Stieg“ vom Hexentanzplatz in Richtung Thale gewandert. In Höhe des Brunhildenweges sei dann am frühen Nachmittag ein Baum auf den Kläger gestürzt, der schwer verletzt wurde und noch heute an einer Querschnittslähmung leidet. Der Mann hatte u.a. von der Stadt Thale Schmerzensgeld von mindestens 200.000 Euro verlangt. Er meint, die beklagte Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Der Baum sei deutlich erkennbar abgestorben gewesen und wäre bei der Durchführung einer Baumschau sofort als Gefährdungsbaum ersichtlich gewesen und gefällt worden, so dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre.
Das LG Magdeburg hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts kann ein Wanderer, der auf eigene Gefahr Waldwege betritt, grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift. Mit waldtypischen Gefahren müsse der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen. Er sei primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich. Risiken, die ein freies Bewegen in der Natur mit sich bringe, gehörten grundsätzlich zum entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko. Dementsprechend könnten und müssten auf Wanderwegen nicht sämtliche Gefahren ausgeschlossen werden. Würde man eine völlige Gefahrlosigkeit der Wanderwege fordern, müsste man auf reizvolle Routen im Bergland ebenso wie auf einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten.
Auch nach der gesetzlichen Risikoverteilung aus § 22 Landeswaldgesetz Sachsen-Anhalt (LWaldG Sachsen-Anhalt) hafte selbst auf stark frequentierten und touristisch beworbenen Waldwegen der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass die Waldnutzung im Verlauf der Jahre zugenommen habe. Auch an stark frequentierten Waldwegen werden die Haftungsrisiken relevant, die nach den gesetzlichen Vorschriften der Wanderer tragen soll. Im Einklang mit der Gesetzeslage (§ 4 und § 22 LWaldG Sachsen-Anhalt) und der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 02.10.2012 – VI ZR 311/11) sei die Klage abzuweisen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger hat die Möglichkeit binnen eines Monats Berufung zum OLG Naumburg einzulegen.