Der Europäische Gerichtshof hat am 13.02.2020 zum Aktenzeichen C-688/18 entschieden, dass unter bestimmten Umständen der Angeklagte im Strafprozess auf sein Recht auf Anwesenheit verzichten kann.
Aus BRAK, Nachrichten aus Brüssel Nr. 3/2020 vom 20.02.2020 ergibt sich:
Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit stehe demzufolge einer diesbezüglichen Regelung nicht im Wege.
Voraussetzung sei, dass die beschuldigte Person rechtzeitig über die sie betreffende Verhandlung und über die Folgen des Nichterscheinens zu dieser Verhandlung unterrichtet wurde und von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt, den sie bestellt habe, vertreten wurde. Der Angeklagte müsse sich unmissverständlich entschieden haben, dem Termin der ihn betreffenden Verhandlung fernzubleiben, oder, wenn er einem Verhandlungstermin aus einem nicht von ihr zu vertretenden Grund ferngeblieben sei, sofern er im Anschluss an diesen Verhandlungstermin über die in seiner Abwesenheit vorgenommenen Handlungen unterrichtet wurde und in Kenntnis der Sachlage die Entscheidung getroffen habe, entweder zu erklären, dass er nicht unter Berufung auf seine Abwesenheit die Rechtmäßigkeit dieser Handlungen in Frage stellen werde, oder zu erklären, dass er an diesen Handlungen mitwirken wolle, was das befasste nationale Gericht dazu veranlasste, diese Handlungen insbesondere durch Durchführung einer zusätzlichen Zeugenvernehmung, bei der der Angeklagte die Möglichkeit hatte, in vollem Umfang mitzuwirken, zu wiederholen.