Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Beschluss vom 29.01.2020 zum Aktenzeichen 12 B 655/19 entschieden, dass die Betreuung eines einjährigen Kindes in einer Großtagespflegestelle, in der neben der Mutter des Kindes eine zweite Tagespflegeperson tätig ist, die Förderung nicht von vornherein ausschließt, wenn das Kind rechtlich und tatsächlich ausschließlich dieser anderen Tagespflegeperson zugewiesen ist.
Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 04.02.2020 ergibt sich:
Nachdem dem Jugendamt der Stadt Bielefeld bekannt geworden war, dass die Mutter des in einer Großtagespflege geförderten Kindes in gemeinsam genutzten Räumlichkeiten gleichfalls als Tagespflegeperson tätig war, hob sie ihren gegenüber den Eltern des betreuten Kindes ausgesprochenen Bewilligungsbescheid über die Förderung der Tagespflege bezogen auf die gewählte Tagespflegeperson unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf. Den dagegen gerichteten Eilantrag der Antragsteller lehnte das VG Minden ab; es sah die vereinbarte Betreuung des Kindes durch die Kollegin der Mutter als Scheingeschäft an.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte vor dem OVG Münster Erfolg.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wird Kindertagespflege zwar regelmäßig durch nicht selbst sorgeberechtigte Tagespflegepersonen erbracht. Die Abwesenheit der Personensorgeberechtigten sei aber nicht zwingende Voraussetzung für eine Förderfähigkeit. Der personenbezogene und familienähnliche Charakter der Kindertagespflege bleibe in einer Großtagespflege unberührt. Nach den gesetzlichen Vorgaben liege eine Großtagespflege nur dann vor, wenn eine vertragliche und pädagogische Zuordnung des einzelnen Kindes zu einer bestimmten Tagespflegeperson gewährleistet sei. Diese Zuordnung sei bei professionellem Berufsverständnis – trotz der zweifellos bestehenden besonderen Bindung des Kindes zu seiner Mutter – auch dann ohne weiteres möglich, wenn die Kindesmutter als weitere Tagespflegeperson für andere Kinder in denselben Räumlichkeiten tätig sei. Die Prüfung und Überwachung der entsprechenden Zuordnung sei Sache des jeweiligen Jugendamtes.
Der Beschluss ist unanfechtbar.