Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 03.01.2019 zum Aktenzeichen 114 C 23274/18 entschieden, dass ein Flugreisender bei einer Anreise per Bahn zum Flughafen Verspätungen einplanen und beim Reiseveranstalter selbst und nicht bei seinem Reisebüro anzeigen muss, um Schadensersatzansprüche wegen eines verpassten Fluges begründen zu können.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 1/2020 vom 03.01.2020 ergibt sich:
Am 20.05.2018 buchten die Kläger über ein TV-Reisebüro eine Pauschalreise von Düsseldorf nach Dubai vom 06.07.2018 bis zum 13.07.2018 zum Gesamtreisepreis von 1.768 Euro. In dem Paket der Pauschalreise war ein „Rail and Fly“ Ticket der Deutschen Bahn AG für eine Bahnfahrt jeweils am Hin- und Rückflugtag zum/vom Flughafen Düsseldorf enthalten. Der Abflug vom Düsseldorfer Flughafen sollte am 06.07.2018 um 21:15 Uhr erfolgen. Die Ankunft in Dubai war für den nächsten Tag um 5:40 Uhr vorgesehen. Die Kläger behaupten, dass sie sich am 06.07.2018 planmäßig zur Abfahrt des Zuges ICE 546, welchen sie zur Anfahrt mittels Rail & Fly-Ticket ausgewählt hatten, um 16:31 Uhr am Hauptbahnhof in Hannover befunden hätten. Die Ankunft des Zuges am Düsseldorfer Flughafen sei für 18:58 Uhr geplant gewesen. Der Zug hätte sich jedoch verspätet und sei erst um 20:40 Uhr am Flughafen Düsseldorf eingetroffen. Zu dieser Zeit seien bereits die Schalter geschlossen gewesen und die Kläger hätten den Flug verpasst. Die Kläger übernachteten am 06.07.2018 in einem Hotel am Flughafen Düsseldorf und mussten hierfür 139 Euro aufwenden. Das Reisebüro der Kläger, an das sich die Kläger ausschließlich gewandt hatten, organisierte ihnen einen Ersatzflug nach Dubai am 08.07.2018 um 0:05 Uhr und stellte den Klägern hierfür 1.682,88 Euro in Rechnung.
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen des beklagten Reiseveranstalters heißt es unter Ziffer 10 Abs. 5: „Im Rahmen von Flugreisen haben sich Reisende mindestens zwei Stunden vor dem planmäßigen Abflug am Flughafen einzufinden. Soweit die Anreise des Reisenden zum Flughafen per Zug erfolgt (z.B. Rail and Fly), ist dieser gehalten möglicherweise auftretende Verzögerungen bei der Zugbeförderung angemessen bei der Auswahl der Zugverbindung zu berücksichtigen.“ Die Reisenden verlangten vom beklagten Reiseveranstalter Ersatz der Aufwendungen für einen Ersatzflug mit vorhergehender Übernachtung und Minderung wegen eines verlorenen Urlaubstages in Höhe von insgesamt 2.074,45 Euro.
Das AG München hat dem beklagten Reiseveranstalter Recht gegeben und die Klage abgewiesen.
Das Amtsgericht begründete dies mit einem fehlenden Abhilfeverlangen beim Reiseveranstalter selbst. Nach § 651c Abs. 2 BGB a.F. sei der Mangel zunächst jedoch gegenüber dem Reiseveranstalter anzuzeigen und ihm eine Frist zur Abhilfe einzuräumen. Nach Vortrag der Kläger wandten sie sich unmittelbar nach Verpassen des Fluges an ihr Reisebüro und buchten über dieses einen Ersatzflug. Eine Frist war auch nicht entbehrlich, da ebenso der Reiseveranstalter einen Ersatzflug zur Verfügung stellen hätte können. Eine Verweigerung der Abhilfe lag zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht vor. Somit konnten die Kläger auch nicht im Rahmen der Ersatzvornahme auf Kosten der Beklagten über ihr Reisebüro einen Ersatzflug buchen. Aufgrund des Fehlens eines ordnungsgemäßen Abhilfeverlangens konnte auch keine Minderung geltend gemacht werden.
Das LG München I hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen (Beschl. v. 29.10.2019 – 30 S 8057/19). Es begründete dies damit, dass die Kläger ihre Pflicht verletzt hätten, die Zugverbindung so zu planen, dass ein rechtzeitiges Erscheinen am Flughafen gewährleistet gewesen sei. Bei den hier eingeplanten siebzehn Minuten bis zum Beginn der zweistündigen Frist vor Abflug sei ein zu knappes Zeitfenster gewählt worden, das mögliche Zugverspätungen angesichts der Entfernung vom Flughafen und einem nötigen Umstieg nicht angemessen berücksichtigt habe.