Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz hat mit Beschluss vom 22.11.2019 zum Aktenzeichen 1 A 10554/19 entschieden, dass die in Erweiterung des ursprünglichen Nutzungskonzepts genehmigten acht Veranstaltungen pro Jahr in der Mehrzweckhalle in Mudersbach, die erst um 24:00 Uhr bzw. 3:00 Uhr nachts enden, keine unzumutbaren Lärmbelastungen für die in einem allgemeinen Wohngebiet lebenden Nachbarn verursachen.
Aus der Pressemitteilung des OVG Rheinland-Pfalz Nr. 36/2019 vom 16.12.2019 ergibt sich:
In der im Jahr 2010 vom beklagten Landkreis Altenkirchen erteilten Baugenehmigung für die Mehrzweckhalle der Ortsgemeinde Mudersbach (Verbandsgemeinde Kirchen) war eine Beendigung der Gebäudenutzung bis spätestens 21:30 Uhr vorgegeben. Auf Antrag der Ortsgemeinde erteilte der Landkreis ihr im August 2017 eine Nachtragsbaugenehmigung, mit der in Umsetzung ihres zwischenzeitlich erstellten Nutzungserweiterungskonzepts acht Veranstaltungen örtlicher Vereine und Gruppen zugelassen wurden, deren Ende für 24:00 Uhr bzw. 3:00 Uhr nachts vorgesehen war.
Hiergegen hatte der Kläger, dessen Wohnhaus in unmittelbarer Nähe der Halle liegt, Klage erhoben, der das VG Koblenz stattgegeben und die Nachtragsbaugenehmigung aufgehoben hatte.
Das OVG Koblenz hat auf die hiergegen erhobene Berufung der beigeladenen Ortsgemeinde die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts verstößt die Nachtragsbaugenehmigung nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des Klägers, weil von den zugelassenen acht Veranstaltungen keine unzumutbaren Lärmbelastungen auf sein Grundstück einwirken. Da für Lärmimmissionen von Veranstaltungen der hier vorliegenden Art keine Grenzwerte gesetzlich festgelegt seien, sei die Zumutbarkeitsgrenze anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen.
Technische Regelwerke, die Richtwerte zu der in Betracht kommenden Belastungsart enthielten, dürften dabei als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dies sei im vorliegenden Fall der Nutzung einer Mehrzweckhalle die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm). Für die erforderliche Zumutbarkeitsbetrachtung sei auf die Regelungen der TA-Lärm über „seltene Ereignisse“ abzustellen, für die höhere Immissionsrichtwerte als die in einem allgemeinen Wohngebiet – wie hier – an sich maßgebenden Werte zulässig seien. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die von der Beigeladenen beantragten und in die Nachtragsbaugenehmigung aufgenommenen Veranstaltungen als „seltene Ereignisse“ im Sinne der TA-Luft zu betrachten. Hierzu zählten z.B. herausgehobene Veranstaltungen der Kommune oder örtlicher Vereine aus besonderem Anlass, die zu den typischen Erscheinungsformen gemeindlichen Lebens gehörten, sodass sie von der Nachbarschaft in höherem Maße als sozialadäquat akzeptiert würden als etwa rein gewerbliche Aktivitäten oder durch rein private Feiern hervorgerufene Lärmimmissionen.
Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die hier zugelassenen acht Veranstaltungen – die beiden Jahreskonzerte des Chors und des örtlichen Musikvereins bzw. den Königsball zu Ehren des Schützenkönigs, die vier Aufführungen der örtlichen Theatergruppe sowie eine Jubiläumsveranstaltung eines sonstigen örtlichen Vereins oder der Ortsgemeinde – erfüllt. Aufgrund des Ergebnisses eines schallschutztechnischen Gutachtens sei davon auszugehen, dass sowohl die durch die Parkvorgänge (Abfahrten nach Veranstaltungsende) verursachten Lärmimmissionen als auch die durch den Veranstaltungsbetrieb im Innern der Halle selbst auftretenden Geräuschimmissionen unterhalb des bei „seltenen Ereignissen“ erhöhten Immissionsrichtwertes der Nachtzeit lägen. Auch sei die mögliche Anzahl für die Zulassung „seltener Ereignisse“ nicht überschritten, die nach der TA-Lärm auf zehn Kalendertage eines Kalenderjahres begrenzt sei. Denn dabei sei eine vor 22:00 Uhr beginnende Veranstaltung, die sich über 24:00 Uhr hinaus auf den folgenden Kalendertag erstrecke, als ein einheitlich zu betrachtender Vorgang aufzufassen und daher nicht als zwei, sondern nur als ein „besonderes Ereignis“ zu bewerten.