Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 24.10.2019 zum Aktenzeichen 261 C 11659/19 entschieden, dass eine Klausel, wonach sich ein dreimonatiges Probeabo für 9,99 Euro automatisch auf ein Jahresabo für 1.298 Euro verlängert, wenn es nicht fristgemäß gekündigt wird, unwirksam ist.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 98/2019 vom 13.12.2019 ergibt sich:
Anfang des Jahres 2019 bewarb eine Berliner Börsenbrieffirma (Klägerin) auf ihrer Internetseite einen Börsenbrief, den sie zum Börsenhandel mit Rohstoffen wöchentlich verlegt. Sie bot zum Kennenlernen ein drei-monatiges Testabonnement zum Preis von 9,99 Euro statt regulär 699 Euro an. Dieses Angebot sei limitiert und ende bald. Dem Angebot lagen die von der Klägerin verwendeten Geschäftsbedingungen zugrunde, die auf der Bestellseite einsehbar waren. Der beklagte Abonnent nahm am 16.01.2019 das Angebot der Klägerin an und bestellte ein Testabonnement ihres Börsenbriefs. Den Abschluss des Testabonnements und dessen Beginn am 16.01.2019 bestätigte die Klägerin dem Beklagten mit E-Mail vom selben Tag. Gleichzeitig machte die Klägerin die Abonnementskosten für das Testabonnement in Höhe von 9,99 Euro geltend, die der Beklagte beglich. Die Geschäftsbedingungen der Klägerin enthalten u.a. folgende Klauseln: „Sämtliche Abonnements verlängern sich um ein Jahr, wenn sie nicht fristgemäß vor Ablauf des jeweiligen Bezugszeitraums gekündigt werden. Die Kündigungsfrist für das Vierteljahresabonnement beträgt sechs Wochen. Der Jahresabonnementspreis beläuft sich auf 1.298 Euro.“
Am 12.03.2019 stellte die Klägerin dem Beklagten für den Bezugszeitraum vom 17.04.2019 bis 17.04.2020 Abonnementskosten für den Börsenbrief mit 1.298 Euro in Rechnung. Der Beklagte widerrief mit E-Mail vom gleichen Tag, unterschriftlich am 02.04.2019 den Vertragsschluss. Die Klägerin akzeptierte dies nur als Kündigung zum 17.04.2020. Der Beklagte trägt vor, er habe damals gegen Mitternacht bestellt und entgegen den Angaben der Klageseite nachfolgend keinen Börsenbrief erhalten, deswegen auch die Kündigungsfrist nicht mehr beachtet. Er ist der Auffassung, dass die Verlängerungsklausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin unwirksam weil überraschend sei. Weiter sei die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft, so dass der unterschriftliche Widerruf des Beklagten vom 02.04.2019 fristgerecht erfolgt sei.
Das AG München hat die Klage auf Zahlung von Jahresabokosten in Höhe von 1.298 Euro abgewiesen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist der geltend gemachte Zahlungsanspruch unbegründet. Die (Verlängerungs-) Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verbindung mit der damit einhergehenden Preissteigerung sei überraschend i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB und wurde damit nicht Vertragsbestandteil. Damit verlängerte sich der ursprüngliche Vertrag über das Testabonnement nicht, so dass auch weiteres Entgelt als das bereits bezahlte Entgelt in Höhe von 9,99 Euro für das Testabonnement nicht geschuldet sei.
Zwar sei eine Klausel, wonach sich die Laufzeit um ein Jahr verlängere, sofern nicht fristgemäß gekündigt werde, für sich nicht überraschend. Hier jedoch bedeute die Verlängerung, dass sich der Vertrag um die vierfache Zeit für den dreißigfachen Preis verlängere. Hiermit müsse der Vertragspartner nicht rechnen, so dass die Klausel unwirksam sei. Angesichts der Aufmachung der Internetseite der Kläger entstehe vielmehr der Eindruck, dass gerade darauf abgezielt werde, Kunden unter Zeitdruck zu setzen und mit dem nur für einen sehr kurzen Zeitraum angebotenen Testabonnement zu ködern, um dann im Falle eines unterbliebenen Widerrufs exorbitante Preissteigerungen geltend machen zu können. Irgendein Hinweis darauf, dass dann nicht mehr der Preis für das Testabonnement gelte, sondern sich ein Jahresabonnement anschließe mit einem Preis von 1.298 Euro, finde sich hingegen nirgends.
Bei Zugrundelegung eines Vierteljahrespreises von 9,99 Euro bedeute dies bei einem Jahrespreis von 1.298 Euro eine über 30-fache Preissteigerung für denselben Zeitraum von einem Vierteljahr, mithin steige der Preis bei Verlängerung um die vierfache Zeit um über das 120-fache. Mit einer derartigen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen brauche der Vertragspartner nicht rechnen. Diese sei damit überraschend.
Ob die Widerrufsbelehrung der Klägerin wirksam bzw. der Widerruf des Beklagten fristgerecht war, könne damit dahingestellt bleiben.