Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 10.12.2019 zum Aktenzeichen B 11 AL 4/19 R entschieden, dass Arbeitslosengeld bei einer Weiterbildung weiter zu gewähren ist.
Aus dem Terminsbericht des Bundessozialgerichts Nr. 55/19 vom 10.12.2019 ergibt sich:
Der Kläger nahm an einer nach § 81 SGB III geförderten Umschulung zum Kfz-Mechatroniker teil und erhielt Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung. Während dieser Maßnahme zog er um, teilte dies der Beklagten aber erst nach etwa acht Monaten mit. Die Beklagte hob für diesen Zeitraum die Leistungsbewilligung auf und machte einen Erstattungsanspruch i.H.v. 8.728,57 Euro geltend.
Klage und Berufung blieben erfolglos. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung habe nur, wer „allein“ wegen der geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahme die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nicht erfülle. Eine derartige Kausalität sei hier nicht gegeben, denn die Nichterreichbarkeit des Klägers sei nicht durch die geförderte Weiterbildungsmaßnahme bedingt, sondern dadurch, dass er umgezogen sei, ohne dies der Beklagten mitgeteilt zu haben.
Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision macht der Kläger eine fehlerhafte Anwendung von §§ 136 Abs. 1 Nr. 2, 138, 144 SGB III i.V.m. der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) geltend. Die Verfügbarkeit werde während der beruflichen Weiterbildung fingiert. Teilnehmer einer Maßnahme nach § 81 SGB III müssten nicht mit Vermittlungsangeboten rechnen und Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung nicht zeit- und ortsnah Folge leisten können. Eine fehlende Erreichbarkeit durch seinen Umzug sei deshalb unschädlich.
Die Revision des Klägers hatte Erfolg.
Nach Auffassung des BSG ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die der Bewilligung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung an den Kläger zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten. Von Arbeitslosen in einer Weiterbildungsmaßnahme sei entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht zu fordern, dass sie Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten können, wie es § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III als Element der Verfügbarkeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit verlange. Dies folge im Einklang mit dem Wortlaut aus der Entstehungsgeschichte des § 144 Abs. 1 SGB III, dessen Sinn und Zweck sowie aus den systematischen Regelungszusammenhängen.
Schon die unterschiedliche Bezeichnung der Leistungen als Arbeitslosengeld bei „Arbeitslosigkeit“ und Arbeitslosengeld bei „beruflicher Weiterbildung“ lege nahe, dass es für einen Anspruch nach § 144 Abs. 1 SGB III nicht auf alle Merkmale der in § 138 SGB III näher geregelten Anspruchsvoraussetzung „Arbeitslosigkeit“ ankomme. Insbesondere bedürfe es keiner Verfügbarkeit i.S.v. § 138 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 SGB III als Element der Arbeitslosigkeit. Die Zusammenführung des Arbeitslosengeldes und des Unterhaltsgeldes zu der einheitlichen Versicherungsleistung Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit und bei beruflicher Weiterbildung erfolgte zum 01.01.2005 und sollte nach den Motiven des Gesetzgebers einer deutlichen Vereinfachung des Leistungsrechts dienen, aber nicht mit leistungsrechtlichen Nachteilen für den Betroffenen verbunden sein. Sinn und Zweck des Arbeitslosengeldes bei Weiterbildung fordern ebenfalls keine Erreichbarkeit als Element der Verfügbarkeit. Aus systematischen Gründen spricht hierfür schließlich § 139 SGB III, der Sonderfälle der Verfügbarkeit regelt.