Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 27.11.2019 zu den Aktenzeichen 9 C 6.18, 9 C 7.18, 9 C 3.19 und 9 C 4.19entschieden, dass eine fehlerhafte kommunale Abgabensatzung (hier zur Zweitwohnungssteuer) auch nicht übergangsweise als wirksam behandelt werden darf.
Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 88/2019 vom 28.11.2019 ergibt sich:
Die niedersächsischen Gemeinden Lindwedel (9 C 6.18 und 9 C 7.18) sowie die schleswig-holsteinischen Gemeinden Friedrichskoog (9 C 3.19) und Timmendorfer Strand (9 C 4.19) erheben Zweitwohnungssteuern, jeweils bemessen anhand der mit dem Verbraucherindex hochgerechneten Jahresrohmiete nach den Wertverhältnissen im Jahr 1964. Dieser Maßstab lehnt sich an die bisherige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer an. Das BVerfG hat den betreffenden Steuermaßstab für die Grundsteuer durch Urteil vom 10.04.2018 beanstandet, weil die Anknüpfung an die Wertverhältnisse von 1964 zu erheblichen Verzerrungen führt. Ob die Gründe dieses Urteils auch auf die Zweitwohnungssteuer übertragbar sind, war aber umstritten.
Das OVG Schleswig bejahte dies und hob die hier umstrittenen Steuerbescheide auf. Das OVG Lüneburg entschied dagegen zugunsten der Gemeinde. Beide Oberverwaltungsgerichte ließen im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen die Revision zu. Während der laufenden Revisionsverfahren vor dem BVerwG befand das BVerfG mit Beschluss vom 18.07.2019, dass die Feststellung der Jahresrohmiete für Zwecke der Zweitwohnungssteuer ebenfalls verfassungswidrig ist. Allerdings gewährte es den an den verfassungsgerichtlichen Verfahren beteiligten (bayerischen) Gemeinden eine Übergangsfrist zur weiteren Anwendbarkeit ihrer Satzungen bis zum 31.03.2020.
Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich der Streit vor dem BVerwG im Wesentlichen darauf, ob die hier betroffenen Gemeinden die Fortgeltung ihrer fehlerhaften Steuersatzungen übergangsweise beanspruchen können. Dies ist nach Auffassung des BVerwG nicht der Fall. Anders als das BVerfG seien die Verwaltungsgerichte zu einer derartigen Fortgeltungsanordnung nicht befugt. Sie seien vielmehr verpflichtet, angefochtene Steuerbescheide aufzuheben, wenn diese keine Grundlage in einer rechtmäßigen Satzung finden und deshalb die Steuerschuldner in ihren Rechten verletzten.
Unzumutbare Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt seien dadurch regelmäßig und auch hier nicht zu befürchten. Denn für die Vergangenheit seien nur die noch konkret angefochtenen Bescheide betroffen. Es bestehe keine Verpflichtung, unanfechtbare Bescheide zu überprüfen und anzupassen. Gegebenenfalls seien die Kommunen im Übrigen berechtigt, eine ungültige Satzung rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen und auf dieser Grundlage Steuern auch für einen zurückliegenden Zeitraum neu zu erheben.