Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 04.10.2019 zum Aktenzeichen 824 Ls 256 Js 122450/19 in einem langwierigen Nachbarschaftsstreit einen Mann, der auf dem Grundstück seines Nachbarn über einen längeren Zeitraum Gartenabfälle entsorgte und ihm zudem drohte, dessen Haus in Brand zu stecken, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Aus der Pressemitteilung des Amtsgerichts München Nr. 86/2019 vom 28.10.2019 ergibt sich:
Ein 58-jährigen Privatier aus München-Bogenhausen war vom AG München im zivilrechtlichen Nachbarstreitverfahren mit seinem klagenden Nachbarn am 21.02.2019 verurteilt worden, es zu unterlassen Hühner in der Weise zu halten, dass davon ausgehendes Krähen, Gackern oder Geruch auf dem Grundstück seines Nachbarn wahrzunehmen ist und Laub, Gartenabfälle oder sonstiges Material auf das Grundstück des Nachbarn zu werfen oder auf sonstige Weise dorthin zu entsorgen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm die Verhängung von Ordnungsgeld angedroht. Nach im Zivilverfahren unwidersprochenem Vortrag des Nachbarn hält der dort Beklagte seit Sommer 2017 auf seinem Grundstück einen Hahn und knapp zehn Hennen, die nur während der Nacht im Hühnerstall sind. Der Hahn kräht ab früh morgens (ca. 4 Uhr) unregelmäßig mindestens einmal in der Stunde, ca. 15 Mal pro Tag bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Hühner gackern laut vernehmlich durchgehend von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Zudem kommt es dadurch zu einer enormen Geruchsbelästigung. Im November 2018 begann der Beklagte damit, Laub auf das Grundstück des Klägers zu werfen, um es auf diese Weise zu entsorgen. Mit Schreiben vom 12.11.2018 bat der Kläger den Beklagten zukünftig Laubentsorgungen auf seinem Grundstück zu unterlassen. Der Beklagte warf dieses Schreiben ungeöffnet in den Briefkasten des Klägers zurück und entsorgte in der beschriebenen Weise weiter bis Dezember mehrfach Laub. Dieses stammt von einer ca. 100 Jahre alten Hängebuche. Die steht allerdings auf dem Grundstück des klagenden Nachbarn ca. einen Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. Für die Zivilrichterin war entscheidend, dass Hühnerhaltung auf dem in reiner Wohngegend befindlichen Grundstück keine ortsübliche Nutzung darstellt und der Beklagte sich gegen den eventuell überhängenden Baum, nicht aber gegen das herabfallende Laub zur Wehr setzen kann. Am 21.02.2019 gegen 19:00 Uhr drohte der Verurteilte seinen Nachbarn durch von ihm eingeworfenen Brief, dessen Haus in Brand zu stecken, sollte dieser nicht die erwähnte anhängige Zivilklage vor dem AG München gegen ihn zurücknehmen. Weiter forderte er – erfolglos – die Zahlung von 10.000 Euro. Vor dem Schöffenstrafgericht ließ er durch seinen Verteidiger den vorgeworfenen Sachverhalt vollständig einräumen. Er habe damals vermutet, schwerwiegend erkrankt zu sein, habe am Tattag als dem Tag seiner zivilrechtlichen Verurteilung fünf Bier getrunken und dann diesen Brief verfasst. Er habe damit seinem Nachbarn lediglich Angst einjagen wollen. Etwaig erhaltenes Geld hätte er einer gemeinnützigen Einrichtung gespendet.
Das AG München hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung seines Nachbarn zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Bewährung verurteilt und ihn angewiesen, als Bewährungsauflage 3.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen.
Nach Auffassung des Amtsgerichts war zu Gunsten des Angeklagten dessen vollumfängliches Geständnis zu berücksichtigen, bereits von Anfang an habe er die Tat bei der Polizei eingeräumt. Es habe eine gewisse alkoholische Enthemmung vorgelegen. Der Angeklagte sei nicht vorbestraft. Einen Tag habe er sich in Haft in dieser Sache befunden. Auch die Umstände des langwierigen Nachbarschaftsstreites seien zu berücksichtigen gewesen. Gegen den Angeklagten spreche, dass er mit Brandstiftung und potenziell auch mit dem Tod bedroht habe. Auch der erstrebte Vermögensvorteil von 10.000 Euro sei erheblich.