Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster hat mit Urteilen vom 17.10.2019 zu den Aktenzeichen 4 A 2129/18, 4 A 2176/18, 4 A 2177/18, 4 A 2231/18 entschieden, dass vier Schaustellern, die sich erfolglos um einen Standplatz auf der Dürener Annakirmes 2017 beworben hatten, die Zulassung zur Kirmes in rechtswidriger Weise versagt worden war.
Aus der Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 17.10.2019 ergibt sich:
Die Auswahlentscheidungen für die Dürener Annakirmes, die von dem Steuerausschuss des Rates der Stadt Düren getroffen werden, waren in den vergangenen Jahren mehrfach Gegenstand gerichtlicher Eilverfahren. In den nun entschiedenen vier Verfahren wurde die Rechtmäßigkeit von Auswahlentscheidungen für die Annakirmes erstmalig im Rahmen eines zweitinstanzlichen Hauptsacheverfahrens geprüft. Die vier Bewerbungen wurden 2017 aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt. Bei dem Getränkestand „Ausschank-Karussell“, dem Imbissstand „Stadl“ und dem Fahrgeschäft „Breakdance No. 1“ wurde maßgeblich darauf abgestellt, dass der jeweilige Standplatz an einen Mitbewerber vergeben werden solle, dessen Geschäft für die Kirmesbesucher deutlich attraktiver sei. Dabei wurde die Ablehnung des Fahrgeschäfts „Breakdance No. 1“ zusätzlich damit begründet, dass die Bewerberin in der Vergangenheit einen Standplatz auf der zeitgleich veranstalteten Düsseldorfer Rheinkirmes vorgezogen habe. Bei dem Spielgeschäft „Formel 1“ wurde dem Bewerber vorgehalten, dass er seit Jahren wiederholt gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen habe.
Das OVG Münster hat entschieden, dass den vier Schaustellern die Zulassung zur Kirmes in rechtswidriger Weise versagt worden war.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts müssen die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei ihren Auswahlentscheidungen leiten lasse, transparent und nachvollziehbar sein, um allen Bewerbern eine hinreichende Chancengleichheit zu gewährleisten. Entscheidend sei dabei, dass durch die Verfahrensgestaltung eine sachwidrige Verengung des Bewerberkreises vermieden und damit gewährleistet werde, dass die Auswahl tatsächlich unter allen potentiellen Bewerbern erfolgen könne. Würden im Interesse einer transparenten und rechtssicheren Auswahl Ausschreibungsbedingungen öffentlich bekannt gemacht, führe dies über Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung und vermittele den einzelnen Bewerbern einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Einhaltung der verlautbarten Bedingungen.
Die Auswahlentscheidungen verletzten den Anspruch der Bewerber auf ein chancengleich ausgestaltetes Auswahlverfahren, weil sie nicht nachvollziehbar anhand der eigenen Zulassungsrichtlinien der Stadt Düren begründet seien. Die Ausführungen des Steuerausschusses zur größeren Attraktivität der ausgewählten Bewerber seien in Teilen bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar sei, auf welcher Tatsachengrundlage sie beruhten und ob sämtliche Bewerber bei der Sachverhaltsermittlung gleich behandelt worden seien. So seien zu Gunsten der ausgewählten Bewerber verschiedene Gesichtspunkte angeführt worden, die sich den Bewerbungsunterlagen nicht entnehmen ließen, aber umgekehrt keine vergleichbaren Feststellungen zu den abgelehnten Geschäften getroffen worden. Die Einschätzung, eine Bewerbung könne deshalb abgelehnt werden, weil sich die Bewerberin in der Vergangenheit nicht durchgängig um einen Standplatz auf der Dürener Annakirmes beworben habe, sei sachwidrig und werde dem Grundsatz der Marktfreiheit nicht gerecht. Der Vergleich mit nur einem Mitbewerber sei nicht ausreichend, wenn mehrere Standplätze für Geschäfte aus einer Sparte zur Verfügung stünden, wie es bei den Ausschank- und Imbissständen der Fall sei. Eine wiederholte Vertragsverletzung dürfe nicht nur behauptet werden, sondern müsse belegbar gegeben sein. Die Zuweisung der Entscheidungsbefugnis an einen Ausschuss, dessen Zusammensetzung die politischen Mehrheiten im Rat widerspiegele, befreie die Stadt nicht von der Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze.