Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat mit Beschluss vom 18.09.2019 zum Aktenzeichen L 15 AS 200/19 B ER entschieden, dass Empfängern von Grundsicherungsleistungen Wegstrecken von weniger als 10 km mit dem Fahrrad zumutbar sind.
Aus der Pressemitteilung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 07.10.2019 ergibt sich:
Zugrunde lag der Fall eines 28-jährigen Mannes. Er wohnt in der Bremer Innenstadt und absolviert eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in einem Einkaufszentrum im Bremer Umland. Den 35 km langen Weg zur Arbeit fuhr er bislang mit dem Auto seines Vaters. Dieser war nun selbst auf den Wagen angewiesen. Eine Fahrzeugfinanzierung durch Bankkredit war wegen einer Privatinsolvenz des Mannes nicht möglich.
Beim Jobcenter beantragte er 4.500,- € Fördergeld um seiner Tante deren Wagen abkaufen zu können. Dies sei erforderlich, da er im rotierenden Schichtmodell bis 20 Uhr und beim Late-Night-Shopping bis 22 Uhr arbeite. Öffentliche Verkehrsmittel könne er um diese Zeit nicht mehr benutzen. Der örtliche Bahnhof sei 5½ km entfernt und der letzte Bus dorthin fahre um 19 Uhr.
Das Jobcenter lehnte eine Förderung ab, da der Mann nicht auf einen PKW angewiesen sei. Er könne den Bahnhof auch mit dem Fahrrad oder mit einer Fahrgemeinschaft erreichen.
Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters im Eilverfahren vorläufig bestätigt. Es sei dem Mann durchaus möglich, die Strecke zum Bahnhof auf dem Radweg entlang der Bundesstraße mit dem Rad zu fahren. Die Strecke habe keine nennenswerten Steigungen oder Gefahren. Es sei auch nicht zutreffend, dass Grundsicherungsempfänger generell nur auf den ÖPNV verwiesen werden könnten. Auch in den Wintermonaten und nach 20 Uhr sei es für einen erwachsenen, gesunden Leistungsempfänger zumutbar, ein- bis zweimal täglich eine Wegstrecke von weniger als 10 km mit dem Fahrrad zurück zu legen.