Tierliebe vs. Arbeitsrecht: LAG Düsseldorf zur Mitnahme eines Hundes am Arbeitsplatz

09. April 2025 -

Lori, eine gerettete Tierschutzhündin, darf künftig nicht mehr mit zur Arbeit. Nach über sechs Jahren stillschweigender Duldung untersagte der Arbeitgeber – ein Betreiber mehrerer Spielhallen – die Mitnahme des Tiers. Die betroffene Arbeitnehmerin versuchte sich juristisch zur Wehr zu setzen. Doch sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf als auch in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf stellten klar: Ohne Rechtsgrundlage im Arbeitsvertrag oder eine ausdrückliche Erlaubnis besteht kein Anspruch darauf, ein Haustier mit zur Arbeit zu bringen.

Der Sachverhalt: Sechs Jahre stille Duldung

Die Klägerin, Anja H., arbeitet seit 2013 in einer Spielhalle in Schichtarbeit. 2019 nahm sie die Hündin Lori aus dem Auslandstierschutz auf. Über Jahre hinweg brachte sie das Tier mit zur Arbeit, was von wechselnden Vorgesetzten stillschweigend hingenommen wurde. Ein ausdrückliches Verbot, aber auch keine ausdrückliche Genehmigung wurde ausgesprochen. Erst im März 2025 untersagte ein neuer Regionalleiter das Mitbringen des Hundes unter Berufung auf eine arbeitsvertragliche Regelung, die das Mitführen von Tieren ausdrücklich untersagt.

Anja H. sah sich durch das Verbot in ihrer persönlichen Lebensgestaltung und ihrer Tierliebe verletzt und klagte mit dem Ziel, die Mitnahme weiterhin zu ermöglichen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte sie eine sogenannte Leistungsverfügung (§ 940 ZPO), mit der sie die vorläufige Duldung der Mitnahme von Lori erzwingen wollte. Nachdem das Arbeitsgericht Düsseldorf ihren Antrag ablehnte (Urteil vom 21.03.2025 – 9 Ga 14/25), wies auch das LAG Düsseldorf das Begehren zurück (Az. 8 GLa 5/25).

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf: Keine Duldung ohne rechtliche Grundlage

Das Landesarbeitsgericht machte in seiner Begründung deutlich, dass es sich bei der Frage, ob ein Haustier mit zur Arbeit gebracht werden darf, um eine Angelegenheit des sogenannten Direktionsrechts des Arbeitgebers (§ 106 GewO) handelt. Dieses umfasst die Befugnis, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung sowie das Verhalten der Mitarbeitenden im Betrieb näher zu bestimmen – auch in Bezug auf Ordnungsvorgaben wie das Mitführen von Tieren.

Der Arbeitsvertrag der Klägerin sah explizit vor, dass das Mitbringen von Tieren untersagt ist. Diese vertragliche Regelung sei, so das Gericht, eindeutig und lasse keinen Ermessensspielraum zu. Die über Jahre praktizierte Duldung könne nicht als konkludente Änderung des Arbeitsvertrages oder als betriebliche Übung gewertet werden – zumal nur eine einzelne Mitarbeiterin betroffen war und es an der kollektiven Wiederholung fehle, die für eine betriebliche Übung erforderlich wäre.

Wichtige Klarstellungen: Duldung ist keine Genehmigung

Das LAG stellte klar, dass selbst ein über Jahre andauerndes Hinnehmen durch Vorgesetzte kein rechtlich wirksamer Verzicht auf die arbeitsvertragliche Regelung sei. Eine Duldung ist keine rechtserhebliche Genehmigung. Entscheidend sei allein, dass es keine schriftliche oder mündliche Erlaubnis auf Leitungsebene gegeben habe.

Auch das Argument, dass die Klägerin ohne Mitnahmeerlaubnis Lori nie adoptiert hätte, wurde als unerheblich angesehen. Das Arbeitsverhältnis richte sich nach objektiven Kriterien und könne nicht von subjektiven Erwartungen einer Partei abhängig gemacht werden.

Soziale Aspekte: Kein Vorrang vor arbeitsrechtlicher Ordnung

Obwohl das Gericht Verständnis für die emotionale Bindung der Klägerin an ihren Hund zeigte – und sogar mitteilte, dass sich auch Hundebesitzer in der Kammer befänden – führte es aus, dass persönliche Belastungen, wie die finanzielle Schwierigkeit der Unterbringung eines Tieres während der Arbeitszeit, keine rechtliche Grundlage schaffen. Die Kammer hielt es für zumutbar, dass die Klägerin alternative Betreuungsmöglichkeiten organisiert, selbst wenn dies mit Aufwand oder Einschränkungen verbunden sei.

Vergleich mit anderen Fällen: Präzedenzwirkung möglich

Der Fall erinnert an ein früheres Urteil des LAG Düsseldorf zur dreibeinigen Hündin Kaya, bei dem sich Mitarbeitende durch das Tier gestört oder gar bedroht fühlten. Auch in jenem Fall wurde dem Arbeitgeber Recht gegeben. Solche Urteile verdeutlichen: Die Mitnahme von Tieren an den Arbeitsplatz ist ein sensibles Thema, das vom Spannungsfeld zwischen Tierliebe, betrieblicher Ordnung und kollektiven Interessen geprägt ist.

Fazit: Der Hund muss draußen bleiben – auch wenn es schwerfällt

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf ist juristisch konsequent. Arbeitgeber dürfen nach § 106 GewO bestimmen, ob Tiere am Arbeitsplatz erlaubt sind. Gibt es im Arbeitsvertrag ein ausdrückliches Verbot – wie hier –, können auch jahrelange Duldungen dieses nicht aushebeln. Eine Änderung wäre nur durch eine ausdrückliche Genehmigung oder eine wirksame vertragliche Modifikation möglich gewesen.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet das: Wer sein Tier regelmäßig mit zur Arbeit nehmen will, sollte sich frühzeitig um eine klare und dokumentierte Zustimmung des Arbeitgebers bemühen. Eine bloße Duldung schafft keinen Anspruch – selbst wenn sie über Jahre hinweg praktiziert wurde.

Ausblick: Praktische Relevanz für viele Berufstätige

In einer Zeit, in der das Mitführen von Hunden am Arbeitsplatz vielerorts gewünscht oder zumindest akzeptiert wird, zeigt dieser Fall die rechtlichen Grenzen auf. Arbeitsverträge und betriebliche Ordnungen haben Vorrang vor individuellen Vorlieben – selbst wenn sie tierisch niedlich daherkommen. Lori darf noch bis zum 31. Mai 2025 mit zur Arbeit – danach ist endgültig Schluss, es sei denn, die Geschäftsleitung erlaubt es ausdrücklich.