Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 22. Mai 2019 zum Aktenzeichen 5 S 2592/18 entschieden, dass das Tarotkartenlegen auf einer öffentlichen Straße keine Straßenkunst ist und bedarf einer Sondernutzungserlaubnis bedarf.
Aus der Pressemitteilung der Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28.08.2019 ergibt sich:
Der Antragsteller möchte im öffentlichen Straßenraum der Stadt Freiburg für Passanten Tarotkarten legen, sei es unter Verwendung eines kleinen Klapptischs und zweier Klappstühle, sei es schlicht mit einem Pappschild auf der Straße sitzend. Er meint, diese Tätigkeit sei nach dem „Merkblatt für Musiker/innen und darstellende Künstler/innen“ der Stadt Freiburg als Straßenkunst erlaubnisfrei zulässig.
Insbesondere in den achtziger Jahren war die Frage, ob Straßenkunst erlaubnisfrei ist oder einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedarf, rechtlich und gesellschaftlich sehr umstritten. Im Jahr 1989 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass der grundrechtliche Schutz der Kunstfreiheit nach Art. 5 GG nicht dazu zwingt, Straßenkunst erlaubnisfrei zu gestatten, jedoch in aller Regel ein Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis besteht, wenn die Prüfung des Einzelfalles ergibt, das die straßenkünstlerische Darbietung weder die geschützten Rechte der Verkehrsteilnehmer noch das Recht auf Anliegergebrauch noch der Schutz der Gesundheit im Falle erheblicher Geräuschimmissionen ernstlich beeinträchtigt werden (Urteil vom 9. November 1989 – 7 C 81/88 – BVerwGE 84, 71). Die Stadt Freiburg hat im Februar 2004 in ihrem Merkblatt Straßenkunst und Straßenmusik unter bestimmten Bedingungen erlaubt (www.freiburg.de/servicebw/Merkblatt_Strassenmusik_und_Strassenkunst.pdf).
Der auf vorläufige Feststellung der Erlaubnisfreiheit gerichtete Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung blieb beim Verwaltungsgerichtshof ohne Erfolg. Nach Auffassung des für das Straßenrecht zuständigen 5. Senats fehlt es an einem Anspruch auf eine solche Anordnung. Die vom Antragsteller beabsichtigte Tätigkeit falle nicht unter den straßenrechtlichen Gemeingebrauch, weil sie nicht in erster Linie der Ortsveränderung diene. Es sei auch keine Widmung der öffentlichen Straßen der Stadt Freiburg dahingehend ersichtlich, dass Tarotkartenlegen dem Gemeingebrauch zugeschlagen werde. Ferner sei nicht erkennbar, dass Tarotkartenlegen auf öffentlichen Straßen der Stadt Freiburg ortsüblich sei. Damit handele es sich bei der vom Antragsteller begehrten Nutzung um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung. Die vom Antragsteller beabsichtigte Tätigkeit des Tarotkartenlegens sei auch nicht durch das „Merkblatt für Musiker/innen und darstellende Künstler/innen“ der Stadt Freiburg im praktischen Ergebnis erlaubnisfrei gestellt worden. Straßenkunst in diesem Sinne liege nur vor, wenn die Tätigkeit unter den Kunstbegriff des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG falle. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller eine künstlerische Tätigkeit ausüben wolle. Vielmehr spreche alles dafür, dass er im öffentlichen Straßenraum lediglich eine Dienstleistung anbiete.