Rechtmäßigkeit der Zweiten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 19. Mai 2020

19. Dezember 2024 -

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18. Dezember 2024 zum Aktenzeichen VIII ZR 16/23 entschieden, dass die Verordnung des Landes Berlin vom 19. Mai 2020 zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn (Zweite Berliner Mietenbegrenzungsverordnung) rechtmäßig ist und insbesondere auf einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage – der Vorschrift des § 556d Abs. 2 BGB in der seit dem 1. April 2020 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn vom 19. März 2020 – beruht.

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 239/2024 vom 19.12.2024 ergibt sich:

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Die Kläger sind seit September 2015 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin.

Die Wohnung unterlag zunächst aufgrund der durch Rechtsverordnung des Senats von Berlin vom 28. April 2015 (Erste Berliner Mietenbegrenzungsverordnung) mit Wirkung bis zum 31. Mai 2020 erfolgten Ausweisung der gesamten Stadt als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB zur Begrenzung der Miethöhe bei der Wiedervermietung (sogenannte Mietpreisbremse) in der Fassung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes vom 21. April 2015.

Am 19. Mai 2020 erließ der Senat von Berlin – nunmehr gestützt auf die Vorschrift des § 556d Abs. 2 BGB in der durch das Gesetz vom 1. April 2020 verlängerten Fassung – die Zweite Berliner Mietenbegrenzungsverordnung, die zum 1. Juni 2020 in Kraft trat und mit Wirkung bis zum 31. Mai 2025 erneut die gesamte Stadt als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ausweist.

Die Kläger sind der Ansicht, die in ihrem Mietvertrag für den Zeitraum von Januar bis September 2022 vereinbarte Mietstaffel, welche eine Nettokaltmiete von monatlich 1.931 € vorsieht, verstoße gegen die vorgenannten Vorschriften zur Mietpreisbremse. Sie begehren unter anderem die Feststellung, dass sich die von ihnen in diesem Zeitraum geschuldete Nettokaltmiete – entsprechend der bei Beendigung des Vormietverhältnisses geltenden Mietstaffel – lediglich auf monatlich 1.280 € belaufe. Die Beklagte hält hingegen die Vorschriften zur Mietpreisbremse in der verlängerten Fassung für verfassungswidrig und die hierauf gestützte Zweite Berliner Mietenbegrenzungsverordnung für unwirksam. Jedenfalls sei aber bei Anwendung dieser Vorschriften zur Bestimmung der höchstzulässigen Miete auf die von ihr mit dem Vormieter für denselben Zeitraum vereinbarte – höhere – Mietstaffel abzustellen, auch wenn diese wegen der Beendigung des Vormietverhältnisses nicht mehr zur Geltung gelangt sei.

Die Klage hatte insoweit vor dem Amtsgericht Erfolg. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die zulässige Höhe der von den Parteien vereinbarten Mietstaffel (auch) in dem vom Feststellungsbegehren umfassten Zeitraum anhand der (verlängerten) Vorschriften zur Mietpreisbremse zu beurteilen ist und die von den Klägern danach geschuldete Nettokaltmiete – weil es gemäß § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die bei Beendigung des Vormietverhältnisses geltende Höhe der Mietstaffel ankommt – nicht mehr als monatlich 1.280 € betrug.

Die gesetzlichen Vorschriften zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt (§§ 556d ff. BGB) – und damit die vom Senat von Berlin für den Erlass der Zweiten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung herangezogene Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 BGB – genügen auch in der seit dem 1. April 2020 geltenden verlängerten Fassung den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen die in Art. 14 Abs. 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie, sondern erweisen sich als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt ist.

Der Gesetzgeber verfolgt mit der gesetzlichen Miethöhenregulierung (weiterhin) ein legitimes, im öffentlichen Interesse liegendes Regelungsziel, nämlich auf angespannten Wohnungsmärkten dem überdurchschnittlich starken Anstieg der Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen entgegenzuwirken und hierdurch den Zugang der Bevölkerung zu bezahlbaren Mietwohnungen in ihrem bisherigen Wohnviertel zu sichern.

Die gesetzliche Regelung ist zur Erreichung dieses Ziels auch (weiterhin) geeignet und erforderlich. Insoweit verfügt der Gesetzgeber über einen (weiten) Beurteilungs- und Prognosespielraum. Aus den von ihm herangezogenen Untersuchungen ergibt sich, dass die für die Einführung der gesetzlichen Miethöhenregulierung maßgebliche Ausgangslage im Wesentlichen fortbesteht und sich die angespannte Lage in vielen Gebieten bislang noch nicht (ausreichend) deutlich gebessert hat, wenngleich durch die Miethöhenregulierung eine Verlangsamung der Mietdynamik erreicht wurde. Ein anderes gleichwertiges, zweifelsfrei – auch kurzfristig – vergleichbar wirksames (milderes) Mittel, mit dem die weiterhin angestrebte rasche Verlangsamung des Anstiegs der Wiedervermietungsmieten bis zum Wirksamwerden der regelmäßig erst mittel- bis langfristig wirkenden wohnungsmarktpolitischen Maßnahmen erreicht werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Die in der geänderten Verordnungsermächtigung gemäß § 556d Abs. 2 BGB vorgesehene Verlängerung der gesetzlichen Miethöhenregulierung bis längstens zum 31. Dezember 2025 stellt auch eine im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck angemessene Maßnahme dar. Der Gesetzgeber hat die Grenzen des ihm insoweit zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten. Das Regelungskonzept der §§ 556d ff. BGB einschließlich der dort vorgesehenen Ausnahmen trägt auch den Interessen der Vermieter hinreichend Rechnung. Insbesondere kann trotz der fortschreitenden Geltungsdauer nicht festgestellt werden, dass die vom Vermieter nach den §§ 556d ff. BGB erzielbare Wiedervermietungsmiete einen hinreichenden Marktbezug nicht mehr aufweisen würde.

Die Verlängerung der Geltung der Vorschriften zur Mietpreisbremse wahrt zudem die Grenze der Zumutbarkeit und begegnet auch im Hinblick auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere konnten Vermieter nicht davon ausgehen, dass die mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz eingeführten Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungshöhe mit dem Auslaufen der zeitlichen Geltungsdauer der jeweiligen Landesverordnung entfallen und damit künftig Neuabschlüsse von Mietverträgen beziehungsweise künftig fällig werdende Mietstaffeln in bestehenden Mietverträgen einer gesetzlichen Miethöhenregulierung nicht mehr unterliegen würden.

Die auf der nach alledem verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 BGB erlassene Zweite Berliner Mietenbegrenzungsverordnung hält sich im Rahmen des dem Senat von Berlin von der gesetzlichen Ermächtigung eingeräumten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums und genügt ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere ist sie in einer den Anforderungen des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB entsprechenden Art und Weise begründet.