Wirecard AG: D&O-Versicherungssumme für Ex-Chefbuchhalter aufgebraucht

29. November 2024 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit Urteil vom 29.11.2024 zum Aktenzeichen 7 U 82/22 entschieden, dass sich die beklagte D&O-Versicherung des klagenden ehemaligen Chefbuchhalters der Wirecard AG zu Recht darauf berufen hat, dass die Versicherungssumme erschöpft sei und die Beklagte deshalb keine weiteren Kosten übernehmen müsse.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 65/2024 vom 29.11.2024 ergibt sich:

Der Kläger war als Director Accounting bei der Wirecard AG für den Bereich Finanzen tätig; zugleich war er einer der Geschäftsführer der Wirecard Technologies GmbH, die als eine der Tochtergesellschaften der Wirecard AG im sogenannten TPA-Geschäft (Third-Party-Acquirer) in Asien tätig war. Mit seiner Klage gegen die D&O-Versicherung machte er geltend, schon im Jahr 2019 sei dieser von der Wirecard AG mitgeteilt worden, dass es kritische Berichterstattung in der Financial Times, Untersuchungen der Finanzbehörden in Singapur und eine Sammelklage in den Vereinigten Staaten gebe. Deshalb sei vom Eintritt des Versicherungsfalls im Jahr 2019 auszugehen. Für dieses Jahr stehe eine Versicherungssumme in Höhe von 25 Mio. Euro zur Verfügung, die noch nicht aufgebraucht sei. Die Versicherung dürfe außerdem Public-Relations-Kosten und Verteidigungskosten nicht auf die Versicherungssumme des Jahres 2020 anrechnen. Schließlich habe sie den Kläger durch voreilige Zahlungen für Ansprüche anderer Vorstandsmitglieder benachteiligt und könne sich deshalb nicht auf den Verbrauch der Versicherungssumme berufen.

Wie bereits in einem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, hat das OLG zwar einen vertraglichen Anspruch auf PR-Kosten bejaht. Allerdings stünden dem Kläger keine weiteren Leistungen zu, da die Versicherungssumme aufgebraucht sei und die Beklagte sich hierauf berufen dürfe.

Der Versicherungsfall sei im Jahr 2020 eingetreten, nicht bereits im Jahr 2019, da die von dem Kläger angeführten Umstände aus dem Jahr 2019 der Beklagten nicht ordnungsgemäß gemeldet worden seien. Maßgeblich sei die Versicherungssumme für das Jahr 2020 in Höhe von 15 Mio. Euro. Diese habe die Versicherung für versicherte Kosten im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal vollständig ausbezahlt und die Zahlungen zu Recht von der vertraglichen Versicherungssumme abgezogen. Die Klausel im Versicherungsvertrag, die das erlaube, sei zulässig. Auch der Umstand, dass die Versicherung die Schäden anderer Mitversicherter nach der zeitlichen Reihenfolge ihrer konkreten Inanspruchnahme ausbezahlt habe, sei nicht zu beanstanden. Eine Bearbeitung nach dem „Prioritätsprinzip“ benachteilige den Kläger nicht in einer willkürlichen Art und Weise, sondern entspreche anerkannten Buchführungsgrundsätzen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen.