Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 15.06.2021 zum Aktenzeichen 1 A 1587/18.Z in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass eine Haftpflichtversicherung eine Beschwerde nach § 13 AGG für einen Arbeitgeber bescheiden kann.
Gegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch auf Bescheidung einer Beschwerde nach § 13 AGG.
Der Kläger wandte sich mit einem im Betreff als „Beschwerde nach § 13 AGG & Entschädigungsverlangen nach § 15 Abs. 2 AGG“ bezeichneten Schreiben an die Beklagte.
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten lehnte die Entschädigung ab.
Mit der Klage verlangt der Kläger den Anspruch, die Beschwerde zu bescheiden.
Die Verwaltungsrichter vertreten, dass die Beklagte als Arbeitgeber die Beschwerde entgegengenommen und an den Haftpflichtversicherer als „beauftragten oder ermächtigten Dritten“ weitergeleitet habe.
Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Zwar trifft die Pflicht zur Prüfung grundsätzlich den Arbeitgeber.
Dieser kann sich zur Erfüllung seiner Pflicht aber einer Beschwerdestelle bedienen.
Die Gesetzesbegründung benennt insoweit beispielhaft betriebsinterne Stellen.
Daraus ist zu schlussfolgern, dass betriebsexterne Stellen ausgeschlossen sind, weil sonst eine unangemessene Erschwerung der Wahrnehmung des Beschwerderechts besteht und nicht gewährleistet ist, dass der Arbeitgeber von dem Inhalt der Beschwerden und den Entscheidungen der „Stelle” Kenntnis erhält
Hieraus wird aber ersichtlich, dass die Einschränkung des Arbeitgebers in seiner Organisationshoheit nur für die „Empfangszuständigkeit“ gilt.
Zulässig ist es daher, innerhalb eines Betriebs eine Stelle nur zur Entgegennahme von Beschwerden einzurichten, die Entscheidung über die Beschwerde selbst aber extern vornehmen zu lassen.
Denn selbst wenn der Arbeitgeber die Prüfung auf die von ihm eingerichtete Beschwerdestelle überträgt, entbindet ihn das nicht von seiner Verantwortung.
Entscheidungen, die die zuständige Stelle fällt, werden dem Arbeitgeber als eigene Entscheidungen zugerechnet.
Zwar mag es sein, dass sich das Antwortschreiben des Haftpflichtversicherers vordergründig auf die Ablehnung des geltenden gemachten Entschädigungsanspruches nach § 15 Abs. 2 AGG bezieht und Haftpflichtversicherer typischerweise nur mit der Beantwortung von Entschädigungsverlangen betraut werden.
Allerdings ist diesem Schreiben eindeutig zu entnehmen, dass „(i)m Hinblick auf die Besonderheiten der Kandidatenauswahl bei derartigen Ämtern (…) eine Diskriminierung wegen der nicht erfolgten Einladung zu einem Vorstellungsgespräch daher nicht vor(liegt).“
Damit wird die Beschwerde des Klägers beantwortet.
Zudem hat der Haftpflichtversicherer in seinem Schreiben auch darauf hingewiesen, dass er das Schreiben des Klägers von der Beklagten erhalten hat.
Die Beklagte hat spätestens im Beschwerdeverfahren schriftsätzlich klargestellt, dass sie sich „über ihren Haftpflichtversicherer“ zur Beschwerde ablehnend geäußert hat und sich das Schreiben des „beauftragten Dritten“ zu eigen macht.