Versetzung von Nachtdienst in Tagdienst

09. Oktober 2024 -

Das Arbeitsgericht Arnsberg hat mit Urteil vom 22.04.2016 zum Aktenzeichen 1 Ca 25/16 entschieden, dass eine Versetzung von dem Nachtdienst in den Tagdienst bei arbeitsvertraglicher Vereinbarung von Nachtarbeit rechtswidrig ist.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Versetzung.

Die Klägerin ist seit dem 01.01.1998 bei der Beklagten in Teilzeit beschäftigt. Grundlage ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 06.03.1998.

Die Beklagte betreibt in C zwei Suchtkliniken, einerseits die „Fachklinik B“ und andererseits die „A“. Die Klägerin wurde in der Vergangenheit fast durchweg im Nacht-/Bereitschaftsdienst in der A eingesetzt.

Mit zwei Schreiben vom 20.10.2003 erteilte die Beklagte der Klägerin zwei Abmahnungen. Mit Schreiben vom 27.04.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung.

Am 04.09.2015 rauchte die Klägerin in Anwesenheit von Patienten. Sie nahm in diesem Zusammenhang auch an einem Gespräch von Patienten teil. Die Einzelheiten des Gesprächs und der inhaltlichen Erklärungen der Klägerin sind teilweise streitig. Im Folgenden kam es zu einer Patientenbeschwerde über die Klägerin. Sodann erteilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19.10.2015 eine weitere Abmahnung.

Ab dem 26.10.2015 wurde die Klägerin mit ihrem Einverständnis für vier Wochen in der Fachklinik B im Tagdienst beschäftigt.

Mit Schreiben vom 07.01.2016 ordnete die Beklagte die dauerhafte Versetzung der Klägerin vom Bereitschafts-/Nachtdienst in der A in den Tagdienst der Fachklinik B an.

Mit ihrer am 12.01.2016 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung. Sie hält diese für unwirksam.

Die Klage ist begründet.

Es ist zunächst festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 07.01.2016 angeordnete Versetzung der Klägerin von der Abteilung Fachklinik A im Bereitschafts-/Nachtdienst in den Tagdienst der Aufnahmestation der Fachklinik B, d.h. Früh-, Zwischen-, Spätdienst, unwirksam ist.

Die Beklagte konnte die Klägerin nicht im Rahmen ihres Direktionsrechts aus dem Bereitschafts-/Nachtdienst in den Tagdienst versetzen.

Die Klägerin hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung im Bereitschafts-/Nachtdienst. Dieser ergibt sich aus § 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags. Dort ist geregelt, dass die Klägerin als Mitarbeiterin im Bereitschafts-/Nachtdienst eingestellt wird.

Die Beklagte war auch nicht aufgrund der Regelung in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags berechtigt, die Klägerin im Tagdienst zu beschäftigen. In dieser Vorschrift haben die Parteien geregelt, dass die Klägerin für den Fall, dass sie aus Gründen, die sie zu vertreten hat, oder weil gesetzliche Bestimmungen dagegenstehen, keinen Nachtdienst leisten kann, bereit ist, im Tagdienst zu arbeiten. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht gegeben.

Gesetzliche Bestimmungen, die einer Beschäftigung der Klägerin im Nachtdienst entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auch nicht darlegen können, dass die Klägerin aus Gründen, die sie zu vertreten hat, keinen Nachtdienst leisten kann.

Die Klägerin war seit dem 01.01.1998 fast achtzehn Jahre bei der Beklagten im Bereitschafts-/Nachtdienst beschäftigt. Die Beklagte hat in dieser Zeit Fehlverhalten der Klägerin im Nachtdienst durch Abmahnungen vom 20.10.2003, 27.04.2006 und 19.10.2015 abgemahnt. Über die in diesen Abmahnungen niedergelegten Vorwürfe hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert zu weiteren Fehlverhalten der Klägerin, insbesondere im Zeitraum zwischen 2006 und 2015 vorgetragen. Soweit die Beklagte im ersten Absatz von Seite 11 ihres Schriftsatzes vom 07.03.2016 vorgetragen hat, dass „es seitens der Klägerin nach der Kenntnis von Herrn Dr. D wiederholt entweder zu Überidentifizierungen mit Patienten oder zu mangelnder Abgrenzung“ gekommen sei, „jedoch nicht in diesem gravierenden Ausmaß“, belegt dieser unsubstantiierte Vortrag gerade nicht, dass die Klägerin eine fehlende Eignung für den Nachtdienst gezeigt hat. Der Vortrag deutet vielmehr darauf hin, dass die Klägerin ihre Arbeit in einer auch für die Beklagte noch akzeptablen Art und Weise erledigt hat.

Die Klägerin hat jedenfalls in der Zeit von April 2006 bis September 2015 über einen Zeitraum von mehr als neun Jahren im Bereitschafts-/Nachtdienst gearbeitet, ohne dass die Beklagte ihre Eignung in Form von Abmahnungen in Zweifel gezogen hätte. Die Beklagte hat die Klägerin auch tatsächlich im Bereitschafts-/Nachtdienst eingesetzt. Dies spricht nachhaltig dafür, dass die Klägerin auch geeignet ist, im Bereitschafts-/Nachtdienst zu arbeiten.

Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass die Klägerin durch ihre Teilnahme an einem Gespräch von Patienten und durch ihr Rauchen in Gegenwart von Patienten am 04.09.2015 arbeitsvertragliche Pflichten verletzt und insbesondere gegen das Distanzgebot verstoßen hat, so können diese Verhaltensweisen eine grundsätzlich fehlende Eignung der Klägerin für die Tätigkeit im Bereitschafts-/Nachtdienst nicht belegen.

Die Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei für den Nachtdienst ungeeignet, erweist sich selbst wenn diese Einschätzung von ihrem verantwortlichen medizinischen Personal geteilt wird, auf der dem Gericht vorliegenden Tatsachengrundlage als ein bloßes Werturteil, auf welches die Beklagte ihre Versetzung nicht stützen kann (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 21.01.2009 – 7 Sa 400/08 – juris; LAG Hessen 20.11.1978 – 11/1012 Sa 576/76, juris).

Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausgehen würde, dass aufgrund der den Abmahnungen zugrunde liegenden Vorfälle Zweifel an der Nachtdiensteignung der Klägerin bestehen, so erweist sich die Versetzung als unverhältnismäßig. Die Beklagte hätte nach Ausspruch der Abmahnung vom 19.10.2015 zuwarten müssen, ob die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit erneut Verhalten zeigt, die eine fehlende Eignung für die Tätigkeit im Nachtdienst belegen können. Frühestens dann hätte sie mit einer Versetzung, gegebenenfalls auch einer Kündigung reagieren dürfen.