Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit drei Urteilen vom 6. August 2024 zu den Aktenzeichen 2 A 489/23.A, 2 A 1132/24.A und 2 A 1131/24.A entschieden, dass jedenfalls männlichen anerkannten Schutzberechtigten, die allein nach Griechenland zurückkehren und jung, gesund und arbeitsfähig sind, dort keine menschenrechtswidrige Behandlung durch systemische Schwachstellen im griechischen Aufnahmesystem droht. Damit haben sie keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland. Etwas anderes soll gegebenenfalls für solche Personen gelten, bei denen individuelle Besonderheiten vorliegen.
Aus der Pressemitteilung des VGH Nr. 15./2024 vom 02.09.2024 ergibt sich:
Den Klägern aller drei Verfahren war bereits in Griechenland internationaler Flüchtlingsschutz zuerkannt worden. Anschließend reisten sie nach Deutschland weiter und stellten hier erneut Asylanträge. Aufgrund des in Griechenland bereits erlangten Schutzstatus lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig ab. Hiergegen erhoben die Kläger erfolglos Klagen vor dem Verwaltungsgericht Gießen mit dem Ziel, ein Verfahren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Bundesgebiet durchführen zu können.
In zwei Verfahren (2 A 489/23.A und 2 A 1131/24.A) hat der 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nunmehr die Berufungen gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Gießen zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, den Klägern drohe in Griechenland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, etwa in Form von Obdachlosigkeit oder Verelendung. Auf der Grundlage aktueller Erkenntnisquellen weise das griechische Aufnahmesystem für anerkannte Schutzberechtigte zwar erhebliche Defizite auf. Für männliche anerkannte Schutzberechtigte, die allein nach Griechenland zurückkehrten und jung, gesund und arbeitsfähig seien, werde die besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allerdings nicht erreicht. Angehörige dieser Gruppe könnten die erheblichen Defizite im griechischen Aufnahmesystem während der ersten sechs Monate im Allgemeinen durch Eigeninitiative bei der Suche nach einer Unterkunft und einer Arbeit überwinden.
In dem dritten Verfahren (2 A 1132/24.A) hat der Senat der Berufung demgegenüber stattgegeben. Für aufgrund von Krankheit nicht erwerbsfähige Personen im rentenfähigen Alter, die keine Hilfe von Angehörigen zu erwarten hätten, bestünden in Griechenland in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr systemische Mängel, sodass ihnen dort die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung drohe.
Der Senat hat in allen drei Verfahren die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, da von der Rechtsprechung zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte in Deutschland abgewichen wird, die grundsätzlich systemische Mängel in Griechenland annehmen. In einem Verfahren (2 A 1131/24.A) ist die Revision bereits eingelegt worden.