Eine Wohnung ist zum Wohnen da

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21.06.2024 zum Aktenzeichen V ZR 79/23 entschieden, dass als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft sind.

Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Souterrainwohnungen entsprächen trotz der erheblichen Wandfeuchtigkeit der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit einer im Jahr 1904 errichteten Liegenschaft. Die im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestehende erhebliche Feuchtigkeit der Wohnungen stellt vielmehr einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB aF dar. Ob die Feuchtigkeit daneben wegen der Angaben in dem Exposé auch einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB aF begründet (vgl. dazu Senat, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 16; Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 7; Urteil vom 19. Januar 2018 – V ZR 256/16, NJW-RR 2018, 752 Rn. 10), kann deshalb offenbleiben.

Richtig ist zwar, dass nach der Rechtsprechung des Senats zu Kellerräumen in Häusern, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Kellerabdichtungen noch nicht üblich waren, nicht jede Feuchtigkeit im Keller einen Sachmangel begründet, sondern es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Im Einzelnen ist von Bedeutung, ob das Haus in einem sanierten Zustand verkauft wurde, wie die Kaufsache genutzt wird, welcher Zustand bei der Besichtigung erkennbar war und wie stark die Feuchtigkeitserscheinungen sind (vgl. Senat, Urteil vom 7. November 2008 – V ZR 138/07, juris Rn. 13; Urteil vom 27. März 2009 – V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 8; Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, NZM 2012, 469 Rn. 14). Der bei Altbauten übliche Standard ist aber dann nicht maßgebend, wenn die Parteien eine abweichende Beschaffenheit vereinbart haben oder wenn die Trockenheit der Räume für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (Nutzung des Kellers als Aufenthaltsraum) erforderlich ist (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, aaO).

Vorliegend geht es ohnehin nicht um Kellerräume, sondern um als Wohnungen verkaufte Räumlichkeiten im Souterrain eines Wohngebäudes. Die vertraglich vorausgesetzte Verwendung einer Souterrainwohnung ist das Wohnen, weshalb der Käufer regelmäßig erwarten darf, dass die Wohnung trocken ist, auch wenn sie in einem Altbau gelegen ist (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 – V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 15). Die vertragsgemäße Verwendung (Wohnen) stimmt mit der üblichen Verwendung überein. Als Wohnung verkaufte Räume im Souterrain eines Altbaus, die bei Gefahrübergang erhebliche Wandfeuchtigkeit aufweisen, sind regelmäßig weder für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung noch für die gewöhnliche Verwendung zum Wohnen geeignet und infolgedessen mangelhaft (§ 434 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB aF; § 434 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 BGB).

Die Haftung der Beklagten wegen der Feuchtigkeit der Wohnungen kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht wegen des in dem Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschlusses abgelehnt werden. Hierauf könnten sich die Beklagten gemäß § 444 BGB nicht berufen, wenn sie den Mangel arglistig verschwiegen haben sollten. Das ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unter mehreren Aspekten nicht ausgeschlossen.

Arglistig im Sinne von § 444 BGB handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 25. Januar 2019 – V ZR 38/18, WM 2019, 2206 Rn. 22 mwN).

Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann zunächst ein arglistiges Verhalten der Beklagten durch eine aktive Täuschung nicht verneint werden.

Die Kläger haben, wie die Revision zutreffend geltend macht, vorgetragen, die Beklagten hätten dem von den Klägern beauftragten Architekten mitgeteilt, dass „die anlässlich der Besichtigung der Wohneinheiten sichtbaren Feuchtigkeitsmängel die Ursache eines Mangels seien, welcher zwischenzeitlich seitens der Gemeinschaft behoben worden sei.“ Den dazu von den Klägern angebotenen Zeugenbeweis hat es nicht erhoben. Zugunsten der Revision ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagten diese Erklärung abgegeben haben. Damit kommt in Betracht, dass die Beklagten zu dem Bestehen, zum Ausmaß und zu der Ursache der Feuchtigkeit falsche Angaben gemacht haben.

Die Begründung, mit der das Berufungsgericht von der Vernehmung des Zeugen abgesehen hat, hält den Angriffen der Revision nicht stand. Soweit das Berufungsgericht meint, die von den Beklagten gegenüber dem Architekten der Kläger abgegebene Erklärung habe nach ihrem objektiven Erklärungswert nur so verstanden werden können, dass 1999 eine Sanierung erfolgt sei, die angesichts der im Jahr 2017 erkennbaren und beschriebenen Schäden erfolglos gewesen sei, stellt dies, wie die Revision zu Recht rügt, eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung dar. Das Berufungsgericht durfte von der Beweisaufnahme nur dann absehen, wenn es den unter Beweis gestellten Vortrag der Kläger, die Beklagten hätten eine erfolgreiche Behebung des Feuchtigkeitsmangels behauptet, zu ihren Gunsten als wahr unterstellt. Das hat es aber nicht getan. Das Berufungsgericht verkehrt die behauptete Äußerung des Zeugen vielmehr in ihr Gegenteil, indem es ihr zu Lasten der Kläger entnimmt, die Beklagten hätten die Kläger über die Erfolglosigkeit der Sanierung aufgeklärt. Bei einer Wahrunterstellung darf die Behauptung der Partei aber nicht nur vordergründig als wahr unterstellt werden, sondern muss so übernommen werden, wie sie aufgestellt wurde (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 2019 – V ZR 73/18, WM 2020, 2235 Rn. 20).

Ebenso wenig kann eine Arglist der Beklagten mit der Begründung des Berufungsgerichts verneint werden, die Feuchtigkeit der Wohnungen sei für die Kläger erkennbar gewesen, so dass keine Offenbarungspflicht bestanden habe.

Richtig ist allerdings, dass für Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, keine Offenbarungspflicht besteht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, NZM 2012, 469 Rn. 21 mwN; Urteil vom 19. Februar 2016 – V ZR 216/14, NJW 2016, 2315 Rn. 11; Urteil vom 9. Februar 2018 – V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 24). Wenn dem Verkäufer offenbarungspflichtige Tatsachen bekannt sind, ist ein arglistiges Verschweigen jedoch auch dann gegeben, wenn der wahre Umfang der aufklärungspflichtigen Tatsache nicht angegeben, sondern bagatellisiert wird (vgl. Senat, Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21, NJW 2023, 217 Rn. 72 mwN). Das kann hier nicht ausgeschlossen werden.

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Feuchtigkeitsschäden für die Kläger im Einzelnen nicht ersichtlich gewesen seien. Es meint, dass die Kläger gleichwohl aufgrund der bei der Besichtigung erkennbaren Bauteilöffnungen mit weiteren Feuchtigkeitsschäden hätten rechnen müssen. Auf welcher Grundlage das Berufungsgericht zu dieser Einschätzung kommt, legt es nicht dar. Dass die Feuchtigkeit an den geöffneten Stellen überhaupt erkennbar war, ist schon nicht festgestellt. Zu den Bauteilöffnungen und Probebohrungen haben die Kläger im Übrigen beweisbewehrt vorgetragen, die Beklagten hätten erklärt, ein vorheriger Kaufinteressent habe die Substanz der Immobilie untersuchen lassen, und die noch sichtbare Öffnung der Außenisolierung habe den potentiellen Käufern die Qualität der Außenabdichtung vor Augen führen sollen. Diesem Sachvortrag ist das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, nicht nachgegangen, so dass für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist, dass die Beklagten diese Erklärung abgegeben haben. Sie ist geeignet, die Bedeutung der Bauteilöffnungen zu bagatellisieren.

Auch die in dem Exposé und in dem Kaufvertrag enthaltenen Hinweise machten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Aufklärung durch die Beklagten nicht entbehrlich. In dem Exposé wird nur der konkrete Feuchtigkeitsschaden an einer Außenwand genannt und die Wohnung als im Jahr 1999 kernsaniert bezeichnet. In dem Kaufvertrag wird lediglich auf den Feuchtigkeitsschaden an einer näher spezifizierten Außenwand hingewiesen. Die selektiven Hinweise waren geeignet, die Erwartung zu wecken, dass die Wohnungen abgesehen von dem konkreten Feuchtigkeitsschaden an einer Wand trocken sind. Der zusätzliche Hinweis in dem Kaufvertrag, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in der Zukunft Probleme mit Feuchtigkeit auftreten, lässt ebenfalls den Schluss zu, dass jedenfalls in der Gegenwart und damit im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit Ausnahme der ausdrücklich genannten Feuchtigkeit an einer Wand keine Feuchtigkeit vorhanden ist. Er steht zudem im Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Lage in Rheinnähe und der dadurch abstrakt bestehenden Gefahr hochwasserbedingter Feuchtigkeit, was zusätzlich geeignet ist, den sichtbaren Feuchtigkeitsschaden zu bagatellisieren.

Dass die Beklagten ihre Aufklärungspflicht gegenüber den Klägern erfüllt haben, hat das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – nicht festgestellt. Es hat offengelassen, ob die Beklagten, wie diese behaupten, die Kläger über den Mangel unterrichtet und ihnen das im Sommer 2017 eingeholte Sanierungsangebot der Fachfirma ausgehändigt haben. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Kläger davon auszugehen, dass das nicht der Fall war.

Schließlich scheitern die Ansprüche der Kläger nach den getroffenen Feststellungen nicht daran, dass diese bei Vertragsschluss Kenntnis von der Feuchtigkeit der Wohnungen hatten (§ 442 BGB). Aus dem Umstand, dass die Kläger unter Hinweis auf die nicht abschätzbaren Kosten für die Beseitigung des Feuchtigkeitsschadens sowie für die Modernisierung der Bäder einen um 70.000 € niedrigen Kaufpreis geboten haben, kann für sich genommen auf eine Kenntnis nicht geschlossen werden. Denn die Äußerungen der Kläger zu der Feuchtigkeit können sich ohne weiteres nur auf die offengelegte Feuchtigkeit an einer Außenwand bezogen haben.

Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Berufung der Kläger ist entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsansicht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht insoweit als unzulässig zu verwerfen, als sie sich gegen die Abweisung des Anspruchs aus § 437 Nr. 3 i.V.m. § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1 und 3 BGB auf Ersatz der Nettomiete für die alte Wohnung richtet. Die Kläger haben, was das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat, die Berufung auch insoweit innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist in zulässiger Weise begründet (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO; vgl. zur Prüfung der Zulässigkeit der Berufung durch das Revisionsgericht von Amts wegen BGH, Urteil vom 24. Oktober 1988 – II ZR 68/88, BeckRS 1988, 31066262). Sie haben die Erwägung des Landgerichts, hinsichtlich des Schadens in Form der Nettomiete für die alte Wohnung fehle es an einem Beweisantritt, angegriffen und geltend gemacht, bei einem entsprechenden Hinweis hätten sie, wie bereits in der Klageschrift angeboten, den Mietvertrag vorgelegt. Ob die Ausführungen der Kläger materiell-rechtlich zutreffen, ist für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung.