Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli 2024 zum Aktenzeichen 5 C 14.22 entscheiden, dass eine Gleichstellungstellungsbeauftragte von der Ausübung ihrer gesetzlichen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte bei Personalangelegenheiten in ihrer Dienststelle ausgeschlossen ist, wenn sie von diesen selbst betroffen ist.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 36/2024 vom 18.07.2024 ergibt sich:
Die Gleichstellungsbeauftragte eines Jobcenters begehrt die Feststellung, sie sei in Auswahlverfahren für mehrere Stellen zu beteiligen bzw. zur Mitwirkung berufen gewesen. Der Geschäftsführer des Jobcenters, der die Auswahlverfahren durchführte, hatte stattdessen ihre Stellvertreterin einbezogen, weil die Gleichstellungsbeauftragte sich auf die Stellen selbst beworben hatte. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ebenso wie nunmehr auch im Revisionsverfahren erfolglos geblieben.
Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) enthält zwar keine ausdrückliche Regelung über den Ausschluss einer Gleichstellungsbeauftragten von der Ausübung ihrer Rechte in Angelegenheiten, in denen ihre persönlichen Interessen berührt sind. Auch sind die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) über den Mitwirkungsausschluss und die Besorgnis der Befangenheit (§§ 20, 21 VwVfG) auf die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Es entspricht aber einem allgemeinen für die staatliche Verwaltung geltenden Rechtsgrundsatz, dass Amtswalter oder sonst in die Wahrnehmung des staatlichen Amtsauftrags einbezogene Personen schlechthin nicht in Angelegenheiten mitwirken sollen, deren Gegenstand sie selbst unmittelbar betrifft. Dieser Rechtsgrundsatz ist verfassungsrechtlich verankert und kann durch einfaches Gesetzesrecht konkretisiert werden, gilt aber auch ohne ausdrückliche einfachrechtliche Normierung. Er wahrt das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Interesse der Allgemeinheit an einem sachgerechten Gesetzesvollzug durch die Verwaltung und schützt auch betroffene Dritte vor der Gefahr willkürlicher staatlicher Entscheidungen. Als bindender Rechtsgrundsatz gilt er nicht nur für das nach außen wirkende Verwaltungsverfahren, wo er eine gesetzliche Ausformung jedenfalls in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwVfG gefunden hat, sondern auch für den Innenbereich der staatlichen Verwaltung. Danach ist ein Amtswalter von Rechts wegen von einem amtlichen Tätigwerden ausgeschlossen, wenn er in der Angelegenheit in einem formellen Sinne etwa als Antragsteller oder Bewerber selbst beteiligt ist. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass der Amtswalter wegen ihm zustehender Entscheidungsbefugnisse zu einem „Richter in eigener Sache“ werden kann. Der Ausschluss tritt bereits dann ein, wenn die Befassung mit der Sache eine tatsächliche Möglichkeit der Beeinflussung der Entscheidung der Verwaltung oder auch nur des Verfahrensablaufs eröffnet. Ob ein persönlicher Vorteil als Folge der Mitwirkung eintreten kann, ist ebenso unerheblich wie der Umstand, inwieweit sich eine Einflussnahme im Verfahren in der Sache als rechtmäßig darstellen kann. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz, dessen Geltung das Bundesverwaltungsgericht schon früher für den Personalrat und dessen Mitglieder angenommen hat, gilt auch für die Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten. Die Regelungen des Bundesgleichstellungsgesetzes stehen dem nicht entgegen. Sie besagen vielmehr, dass die Gleichstellungsbeauftragte ihre gesetzlichen Aufgaben zum Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen wegen ihres Geschlechts dienstlich als besonderes Organ der Verwaltung und damit als Amtswalterin objektiv und neutral wahrzunehmen hat. Hiermit wäre es unvereinbar, wenn bei einer Selbstbetroffenheit auch nur der Anschein bestünde, ihre persönlichen Interessen könnten Einfluss auf ihre Tätigkeit haben.
Da die Gleichstellungsbeauftragte hier als Stellenbewerberin an den Auswahlverfahren beteiligt war, war sie von Rechts wegen an der Ausübung der gesetzlichen Rechte einer Gleichstellungsbeauftragten in diesen Verfahren gehindert. Der beklagte Geschäftsführer des Jobcenters hatte deshalb zu Recht an ihrer Stelle der Stellvertreterin Gelegenheit zur Mitwirkung und Beteiligung an den Auswahlverfahren gegeben. Denn ein Vertretungsfall im Sinne des Gesetzes (§ 26 Abs. 1 BGleiG) liegt auch dann vor, wenn wie hier ein rechtlicher Verhinderungsgrund besteht.