Das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 04.07.2024 zum Aktenzeichen 2 Wx 11/24 entschieden, dass eine Person, die vormals eine Frau war und nun ein Mann ist, als Vater eines Kindes eingetragen werden kann.
Der Antragsteller begehrt die Eintragung als Vater des betroffenen Kindes. Die Antragsgegnerin verweigert die Eintragung.
Durch Beschluss des Amtsgerichts X. war zum 13.07.2017 das Geschlecht der Frau K. T. von weiblich in männlich und der Vorname von K. in O. geändert worden. Die Beteiligte zu 2) und der Antragsteller hatten am 20.04.2023 bei bestehender Lebenspartnerschaft die Ehe geschlossen. Die Schwangerschaft wurde durch eine Samenspende ermöglicht. Der Samenspender gab keine rechtlichen Erklärungen bezogen auf die Vaterschaft des Kindes ab.
Der Antragsteller hat beantragt, das Standesamt anzuweisen, bei der Eintragung des am 09.10.2023 in X. geborenen Kindes V. T. gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ihn als Vater des Kindes einzutragen.
Mit Schreiben vom 16.10.2023 hat sich das Standesamt der Stadt X. im Rahmen einer Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG an das Amtsgericht gewandt.
Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, bei der Eintragung des betroffenen Kindes den Antragsteller als Vater des Kindes einzutragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass gemäß § 1592 Nr. 1 BGB der Antragsteller als Vater des Kindes einzutragen sei. Denn nach § 1592 Nr. 1 BGB sei Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet sei. Die Beteiligte zu 2) habe unstreitig das betroffene Kind geboren. Bei der Geburt sei die Kindesmutter mit dem Antragsteller, einem Mann, verheiratet gewesen. Demnach sei gemäß § 1592 Nr. 1 BGB der Antragsteller als Ehemann der Mutter der Vater des Kindes und gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG im Geburtenregister einzutragen. Dem stehe auch nicht § 11 S. 1 TSG entgegen. § 11 TSG sei im vorliegenden Fall aufgrund teleologischer Reduktion nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung des § 11 S. 1, 1. HS TSG sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Dies sei zum einen im Hinblick auf das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung umfasse, geboten, zum anderen im Hinblick auf das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile, das aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 und 2 Abs. 1 GG folge. Schließlich liege in der Anwendung des § 11 TSG auf die vorliegende Fallkonstellation auch eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß im Vergleich zu Kindern vor, die in eine heterosexuelle Ehe hinein geboren würden.
Diese verfassungsrechtlich gebotene Betrachtung verstoße nicht zwingend gegen den Wortlaut des § 11 TSG. Durch § 11 Abs. 1, 1. HS TSG sei das Rechtsverhältnis des Antragstellers zu (wörtlich) „seinen“ Kindern geregelt. Da vor der Geburt eines Kindes aber noch kein Eltern-Kind-Verhältnis bestehe, sondern sich dieses über die Vorschrift des §§ 1591 ff BGB erst mit der Geburt bilde, führe der Wortlaut des Gesetzes an sich in eine Sackgasse, soweit es um die Frage gehe, wie dieses Rechtsverhältnis entstehen solle. Damit sei eine Auslegung unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers und unter Beachtung der Vorschriften der Verfassung möglich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Standesamts. Zur Begründung führt das Standesamt aus, dass die Entscheidung des Amtsgerichts im Widerspruch zu mehreren gerichtlichen Entscheidungen stehe. So habe das Kammergericht entschieden, dass in einem Fall, in dem die Mutter nach der Geburt ihres Kindes mit einer anderen Frau eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sei, nach einer Geschlechtsänderung des nunmehr männlichen Lebenspartners dieser trotz eines Vaterschaftsanerkenntnisses nicht als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen werden könne (KG, Beschluss vom 15.8.2019 – 1 W 432/18).
Der Bundesgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 29.11.2017 (XII ZB 459/16) keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 11 S. 1 TSG erkennen lassen. Schließlich habe der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 10.10.2018 – XII ZB 231/18) entschieden, dass aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes nicht die verfassungsrechtliche Notwendigkeit folge, ihm eine durch Abstammung leiblich nicht verwandte Person als rechtlichen Elternteil zuzuordnen, unabhängig davon, ob diese gewillt oder in der Lage sei, Eigenverantwortung zu übernehmen.
Die hier entscheidungserhebliche Frage sei noch nicht höchstrichterlich geklärt und deshalb habe das Oberlandesgericht Celle in einem ähnlich gelagerten Fall die Entscheidung ausgesetzt und die Frage, ob der § 1592 BGB mit Art. 6 Abs. 2, 6 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 GG vereinbar sei, dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Antragsgegnerin regt an, das vorliegende Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im konkreten Normenkontrollverfahren auszusetzen.
Mit Beschluss vom 02.02.2024 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 08.03.2024 beantragt, die Beschwerde des Standesamts zurückzuweisen. Die vom Standesamtes zitierten Entscheidungen seien auf den hiesigen Einzelfall nicht anwendbar.
Gemäß § 29 Abs. 3 FamFG i.V.m. §§ 51 Abs. 2, 53 Abs. 2 PStG sind das Standesamt und die Standesamtaufsicht beschwerdeberechtigt. Nach § 59 Abs. 3 FamFG i.V.m. § 53 Abs. 2 PStG steht der Aufsichtsbehörde für das Standesamt das Recht der Beschwerde auch unabhängig von einer Beschwer zu. In wichtigen und umstrittenen rechtlichen Fragen soll eine obergerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2014, XII ZB 180/12). So liegt der Fall hier. Die Frage der Eintragung eines Frau-Mann Transsexuellen als Vater gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ist in der hier vorliegenden Fallkonstellation obergerichtlich noch nicht entschieden und klärungsbedürftig.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht hat das Standesamt zu Recht angewiesen, bei der Beurkundung der Geburt des betroffenen Kindes den Antragsteller als Vater des betroffenen Kindes einzutragen.
Nach § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Nach § 1591 BGB ist Mutter eines Kindes die Frau, die das Kind geboren hat.
Da die Beteiligte zu 1) am 09.10.2023 das betroffene Kind geboren hat, ist sie gemäß § 1591 BGB Mutter des Kindes. Zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes war die Beteiligte zu 1) mit dem Antragsteller verheiratet. Die Entscheidung zur Änderung des Geschlechtes und des Vornamens nach dem TSG war bereits wirksam, so dass der Antragsteller als Mann anzusehen ist. Gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ist der Antragsteller damit Vater des betroffenen Kindes.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 11 TSG. Dieser ist vorliegend schon nach seinem Wortlaut nicht einschlägig.
Gemäß § 11 S. 1, 1. HS TSG bleibt durch die Entscheidung, dass der Antragsteller einem anderen Geschlecht zugehörig ist, das Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinen Kindern unberührt.
Nach dem Wortlaut des § 11 S. 1, 1. HS TSG („seinen Kinder“), sind von dieser Regelung nur Kinder erfasst, zu denen der Transsexuelle entweder vor der Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit bereits eine Eltern-Kind-Rechtsbeziehung innehatte oder solche, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit genetisch von der transsexuellen Person abstammen bzw. von ihr auf die Welt gebracht worden sind; entweder wenn ein Frau-Mann Transsexueller weiter Kinder empfangen konnte oder durch eine konservierte Samenspende einer Mann-Frau Transsexuellen.
Im hier vorliegenden Fall erfolgte die Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit vor der Geburt des betroffenen Kindes. Der Antragsteller ist auch nicht leibliches Elternteil des betroffenen Kindes. Daher hat der Antragsteller – derzeit – keine Rechtsbeziehung mit dem von der Beteiligten zu 1) geborenen Kindes; es handelt sich nicht um „sein“ Kind i.S.d. § 11 TSG.
Sowohl das Gesetz (§ 5 III TSG) als auch der Gesetzgeber in seiner Begründung des § 11 TSG (BT-Drs. 8/2947, 23) sprechen von leiblichen Kindern.
Als Begründung wird angeführt, dass davon ausgegangen werden müsse, dass Frau-Mann Transsexuelle noch Kinder empfangen und gebären könnten, denen nicht die Möglichkeit genommen werden sollte, ihre Abstammung feststellen zu lassen. Deren Rechte müssten durch § 11 TSG geschützt werden. Der Status des Transsexuellen als Vater (bzw. als Mutter) solle auf jeden Fall unberührt bleiben, zB für den Unterhalt, das Erbrecht, die Vaterschaftsfeststellung, die Ehelichkeitsanfechtung (vgl. Nomos-BR/Augstein TSG/Maria Sabine Augstein, 1. Aufl. 2012, TSG § 11 Rn. 1). Der diesbezügliche Wille des Gesetzgebers ergibt sich sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift als auch aus der Gesetzesbegründung, was der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 06.09.2017, Az XII ZB 660/14, NJW 2017, 3379 ff, herausgearbeitet hat (vgl. im Übrigen auch BT-Drs. 8/2947, 16).
Die hier vorliegende Fallkonstellation, dass ein mit der Mutter des Kindes verheirateter Frau-Mann Transsexueller beantragt, als Vater eines Kindes gemäß § 1592 Nr.1 BGB eingetragen zu werden, hatte der Gesetzgeber zum Entstehungszeitpunkt des § 11 TSG nicht vor Augen. Beim Inkrafttreten des § 11 S. 1, 1. HS TSG, der seit seiner Gültigkeit ab dem 01.01.1981 keine Änderung erfahren hat, jedoch am 01.11.2024 durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) abgelöst wird, war für den Gesetzgeber noch die Voraussetzung des Nichtverheiratetseins bzw. die obligatorische Auflösung der Ehe bei einer Geschlechtsumwandlung Grundlage der Regelung. Denn als gesetzliche Voraussetzung für die Änderung des Geschlechts galt gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG (außer Kraft seit dem 22.07.2009), dass eine transsexuelle Person nicht verheiratet sein durfte. Demnach konnte der damalige Gesetzgeber im Jahre 1980 nicht voraussehen, dass die hiesige Konstellation, nämlich der gewünschte Vaterschaftseintrag nach § 1592 Nr. 1 BGB eines mit einer Frau verheirateten Frau-Mann Transsexuellen, eintreten könnte. Dies zugrunde gelegt, konnte der Gesetzgeber mit der Formulierung „seine“ Kinder nur die leiblichen Kinder des Transsexuellen vor Augen haben, da die Vaterschaftseintragung gemäß § 1592 Nr. 1 BGB aufgrund der verbotenen Eheschließung nicht in Betracht kam.
Der Regelungsbedarf ist auch durch den Gesetzgeber erkannt worden, wie sich an der über den vorliegenden Fall weit hinausreichenden Neufassung des § 11 TSG ergibt, wonach ab dem 01.11.2024 im § 11 SBGG (Selbstbestimmungsgesetz) das Eltern-Kind-Verhältnis wie folgt geregelt sein wird:
„Der Geschlechtseintrag im Personenstandsregister ist für das nach den §§ 1591 und 1592 Nummer 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende oder künftig begründete Rechtsverhältnis zwischen einer Person und ihren Kindern unerheblich. Für das nach § 1592 Nummer 1 oder 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende oder künftig begründete Rechtsverhältnis zwischen einer Person und ihren Kindern ist ihr Geschlechtseintrag im Personenstandsregister zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes maßgeblich, es sei denn, sie hat im Rahmen der Beurkundung der Geburt des Kindes gegenüber dem Standesamt erklärt, dass ihr Geschlechtseintrag vor Abgabe der Erklärung gemäß § 2 maßgeblich sein soll.“
Dies verdeutlicht noch einmal mehr, dass der Gesetzgeber des § 11 TSG die Möglichkeit der Vaterschaftseintragung lediglich aufgrund von § 1592 BGB nicht „mitgedacht“ hatte.
Die anderslautende Entscheidung des Kammergerichts Berlin vermag demgegenüber nicht zu überzeugen (Az 1 W 432/18, NJW 2019, 3598). Dort ist einem Frau-Mann Transsexuellen die Vaterschaftsstellung durch Anerkennung der Vaterschaft nach § 1592 Nr. 2 BGB versagt worden, da die Vaterschaft nur ein Mann anerkennen könne, der Mann hier aber nach § 11 TSG im Verhältnis zu seinen Kindern als Frau zu behandeln sei. Daraus folgert Spickhoff, dass das „Rechtsverhältnis“ zwischen der transsexuellen Person und dem jeweils betroffenen Kind auch das Anerkennungsverfahren nach §§ 1592 Nr. 2, 1594 ff. BGB erfasse (Spickhoff/Spickhoff, 4. Aufl. 2022, TSG § 11 Rn. 1).
An der Argumentation des Kammergerichts, soweit das Gesetz (§ 5 III TSG) oder der Gesetzgeber (BT-Drs. 8/2947, 27) von leiblichen Kindern spreche, sei damit nicht die biologisch/genetische Abstammung gemeint, sondern – in Abgrenzung zur Annahme als Kind (§§ 1741 ff. BGB) – die Eltern-Kind-Zuordnung, die sich aus § 1591 BGB für die Mutter und §§ 1592 ff. BGB für den Vater ergebe, mag noch Folgendes richtig sein: Der vor Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit gemäß § 1592 Nr. 1 BGB eingetragene Vater ist und bleibt dieser Vater, unabhängig davon, ob sein Kind von ihm biologisch/leiblich abstammt oder nicht. Allerdings überzeugt der von dem Kammergericht – obiter dictum – gezogene Schluss, dass es auf die Reihenfolge von Geburt und Geschlechtsänderung nicht ankomme, da der § 11 S. 1 HS TSG auch das Verhältnis zu Kindern erfasse, die erst nach der Feststellung über die Zugehörigkeit des Elternteils zu einem anderen Geschlecht geboren wurden, aus den dargelegten Gründen nicht.
In dieselbe Richtung weist eine vom Kammergericht angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der ausführt, dass § 11 TSG auch Sachverhalte erfasse, in denen das leibliche Kind eines Transsexuellen erst nach der gerichtlichen Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechterzugehörigkeit geboren wird. Demnach könne ein Frau-Mann-Transsexueller nicht als rechtlicher Vater eines von ihm selbst geborenen Kindes angesehen werden. Als „möglicherweise“ anders zu sehen, wäre der Fall nach dem BGH gemäß §§ 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB bei dem von einer Frau geborenen Kind (BGH a.a.O., Rn. 27). Eben dieser letztgenannte Fall liegt hier vor. Das betroffene Kind ist nicht das leibliche Kind des Antragstellers, sondern wurde von seiner Ehefrau geboren.
So sieht es auch Rauschner (in: Staudinger, BGB, § 1592, Rn. 35a), dem zufolge es der Zweck des § 11 TSG sei, alle Kinder, die von dem/der Betroffenen biologisch abstammen gegen einen Rechtsverlust auf Grund der Entscheidung nach §§ 8 Nr. 1, 10 TSG zu schützen. Hingegen kann eine Person, die ursprünglich Frau gewesen ist und nach einer Entscheidung gemäß §§ 8, 10 TSG als dem männlichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, die Vaterschaft zu einem Kind gemäß § 1592 BGB anerkennen (Rauschner a.a.O. Rn. 35b) bzw. ist als Vater des während der Ehe geborenen Kindes zu sehen (Di Cato in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 1592 BGB (Stand: 15.11.2022), Rn. 44). Fraglich ist nach Rauschner allein, ob dies auch möglich wäre, wenn im Zeitpunkt der Geburt des Kindes die Entscheidung nach § 10 TSG noch nicht rechtskräftig wäre (a.a.O.). Da in dem hier zugrundeliegenden Fall, die Entscheidung gemäß § 10 TSG zeitlich vor der Geburt des Kindes lag, muss diese Frage nicht beantwortet werden.
Darüber hinaus ist es – wie das Amtsgericht X. zutreffend ausführt – verfassungsrechtlich geboten, den § 11 TSG hier nicht anzuwenden (so auch: AG Regensburg, Beschluss vom 04.02.2022, UR III 2021, FamRz 2022, 704).
Dem Kind entstehen keine Nachteile, wenn der Frau-Mann Transsexuelle als männlich behandelt wird. Zu Recht weist das Amtsgericht darauf hin, dass in der hier zu entscheidenden Konstellation, in der das Kind von der Ehefrau des jetzt männlichen Transsexuellen geboren wird, das Kind keine Nachteile durch die Zuordnung des männlichen Geschlechts an den Transsexuellen erfährt, sondern vielmehr im Gegenteil, es hätte Nachteile, wenn an das vormals weibliche Geschlecht angeknüpft würde. Denn bei Anwendung des § 11 TSG wäre der Antragsteller im Verhältnis zum betroffenen Kind nicht als Mann anzusehen, sondern müsste weiter als Frau behandelt werden. Dem Wortlaut nach könnte diese dann nicht gemäß § 1592 Nr. 1 BGB Vater des Kindes sein. Mutter des betroffenen Kindes könnte er – nach der derzeitigen Rechtslage – ebenfalls nicht werden, so dass das betroffene Kind nur einen Elternteil hätte (so auch: AG Regensburg a.a.O.). Allein aus unterhaltsrechtlichen, erbrechtlichen und auch sorgerechtlichen Aspekten ist es für das Kind indes von erheblichem Vorteil zwei Elternteile zu haben (so auch: AG Regensburg a.a.O.).
Zutreffend verweist das Amtsgericht darauf, dass das Kind bei der Ablehnung der Eintragung der Vaterschaft des Antragstellers rechtlich schlechter gestellt würde, da der Samenspender keine Vaterschaftserklärung abgegeben hat und damit kein bekannter Vater eingetragen werden kann (so auch: AG Regensburg a.a.O.). So könnte der Antragsteller das Kind zwar adoptieren und damit die gemeinsame Elternschaft mit der Mutter und Ehefrau begründen. Bis dieses Verfahren, das zudem auch mit Kosten verbunden ist, allerdings abgeschlossen ist, besteht der o.g. rechtlose Zustand (AG Regensburg a.a.O.). Das Kind selbst hat auf ein derartiges Adoptionsverfahren zudem keinerlei Einfluss.
Das Amtsgericht geht richtigerweise davon aus, dass die Nichtanwendung des § 11 S. 1, 1. HS TSG auf die vorliegende Konstellation auch verfassungsrechtlich geboten ist (so auch: AG Regensburg a.a.O.).
Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, was auch das Recht auf Anerkennung der geschlechtlichen Identität beinhaltet. Es ist verletzt, wenn ein transsexueller Elternteil für ein nach der Entscheidung nach § 8 TSG geborenes Kind rechtlich nicht die geschlechtsbezogene Elternrolle zugewiesen bekommt, die seinem selbst empfundenen und ihm rechtlich zugewiesenen Geschlecht entspricht (vgl. BGH, Entscheidung vom 06.09.2017, Az XII ZB 660/14, NJW 2017, 3379 ff, Rn. 24: aber in der dort entschiedenen Konstellation keine Verletzung).
Auch wenn das deutsche Abstammungsrecht genetisch geprägt ist und von einer mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehenden Übereinstimmung von genetischer Abstammung und rechtlicher Mutter- und Vaterschaft ausgeht, ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Abstammungsrecht die Möglichkeit bewusst in Kauf nimmt, dass der rechtliche vom genetischen Vater abweicht, weil die tatsächliche genetische Vaterschaft weder bei § 1592 Nr. 1 noch bei § 1592 Nr. 2 BGB tatsächlich geprüft wird. Zur Korrektur gibt es im Gesetz die Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung (so auch: AG Regensburg a.a.O.)
Ebenso wenig steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2011, Az. 1 BvR 3295/07 (BVerfG, NJW 2011, 909) entgegen. In dieser wurde festgestellt, dass es ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers ist, Kindern ihre biologischen Eltern auch rechtlich so zuzuweisen, dass ihre Abstammung nicht im Widerspruch zu ihrer biologischen Zeugung auf zwei rechtliche Mütter oder Väter zurückgeführt wird. Im zugrundeliegenden Fall wäre diese Problemstellung nicht gegeben, da dem betroffenen Kind eine Mutter und ein Vater als Eltern zugewiesen werden.
Die Einschränkung des Persönlichkeitsrechts des Transsexuellen vom Grundkonzept des Gesetzes ist unter Abwägung aller Umstände nicht zwingend geboten, sondern wird mit dem Ausschluss der Möglichkeit, die rechtliche Vaterrolle zu übernehmen, unverhältnismäßig eingeschränkt (so auch: AG Regensburg a.a.O.)
Dem Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile, das aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 und 2 Abs. 1 GG folgt, ist Geltung zu verschaffen. Dass der Ehemann der Mutter Vater des betroffenen Kindes werden kann, dient diesem Recht. Denn soweit Personen die rechtliche Elternschaft verwehrt bleibt, ist dem Kind der Anspruch auf Pflege und Erziehung durch diese Person (rechtlich) verschlossen (so auch Löhnig, Anmerkung zur Entscheidung des OLG Celle vom 24.03.2021, NZFam 2021, 352 ff.). Eben dieser Fall ist hier gegeben. Könnte der Antragsteller nicht rechtlicher Vater des betroffenen Kindes werden, würde dem Kind die statusrechtliche Zuordnung eines weiteren Elternteils verwehrt. Auf die Möglichkeit der Adoption kann das Kind nicht verwiesen werden, weil das Kind keinen Anspruch auf Adoption hat und diese nicht durchsetzen kann (so auch: AG Regensburg a.a.O.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den bereits vorliegenden Entscheidungen, da die zugrundeliegenden Sachverhalte sich erheblich von dem hiesigen unterscheiden.
Wie bereits oben ausgeführt, hat der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 06.09.2017, Az XII ZB 660/14, NJW 2017, 3379 f) § 11 TSG auf das Verhältnis eines Frau-Mann Transsexuellen angewendet, der selbst das Kind geboren hatte und jetzt „Vater“ sein wollte. Dort hat der Bundesgerichtshof es als „möglicherweise“ anders zu sehen, beurteilt, wenn das Kind von der (Ehe)frau geboren wäre (BGH a.a.O., Rn. 27).
In seiner Entscheidung vom 29.11.2017 hat der Bundesgerichtshof einer Mann-Frau Transsexuellen, ebenfalls unter Berufung auf § 11 TSG versagt, rechtlich Mutter des Kindes zu sein (Az XII ZB 459/16, NZFam 2018, 80 ff). Eine Mann-Frau Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, das nach rechtskräftiger Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit geboren worden ist, könne abstammungsrechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen. Auch dieser Fall ist anders gelagert, da der rechtliche Status eines Kindes, das genetisch von der transsexuellen Person abstammen bzw. von ihr auf die Welt gebracht wurde, geklärt werden sollte. Im Übrigen hatte nicht die Mann-Frau Transsexuelle das Kind zur Welt gebracht, sondern ihre Partnerin. Da damit die rechtliche Mutterschaft in § 1591 BGB eindeutig definiert ist, wäre § 11 TSG in dieser Fallkonstellation an sich gar nicht anwendbar gewesen (so auch Löhnig, Anmerkungen zur Entscheidung des BGH vom 29.11.2017, Az XII ZB 459/16, NZFam 2018, 80 ff).
Der Anregung des Standesamts, das vorliegende Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG über die Verfassungsmäßigkeit des § 1592 BGB auszusetzen, ist nicht zu entsprechen.
Demnach hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, und, wenn es sich um die Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
Zulässig ist ein Antrag auf konkrete Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG nur, falls das vorgelegte Gesetz entscheidungserheblich und das vorlegende Gericht selbst von dessen Verfassungswidrigkeit überzeugt ist (BeckOK GG/Morgenthaler, 57. Ed. 15.1.2024, GG Art. 100 Rn. 16-21). Das Gericht muss selbst in eigener Verantwortung entscheiden und dabei eine verfassungskonforme Auslegung für sich ausschließen (BVerfGE 68, 337, 344). Diese Voraussetzung liegt nicht vor. In der oben ausgeführten Auslegung des § 1592 BGB kommt der Antragsteller zu seinen verfassungsrechtlich garantierten Rechten und es ist keine Verfassungswidrigkeit festzustellen.
Die Vorlagebeschlüsse anderer Obergerichte (OLG Celle, Vorlagebeschluss vom 24.03.2021 – 21 UF 146/20; KG Berlin, Beschluss vom 24.03.2021 – 3 UF 1122/20) betreffen andere Sachverhalte. Dort haben die Obergerichte festgestellt, dass § 1592 BGB nicht die abstammungsrechtliche Zuordnung eines zweiten Elternteils ermögliche, wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frau geboren werde und sei aus diesem Grund mit Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Eine (verfassungskonforme) Auslegung oder analoge Anwendung von § 1592 Nr. 1 BGB zur Begründung einer Mit-Mutterschaft sei nicht möglich, da der aus der abstammungsrechtlichen Systematik erkennbare gesetzliche Wertungsplan, der für die Vaterschaft als zweiter Elternstelle eine genetische Abstammung zugrunde lege, auf eine gleichgeschlechtliche Ehe oder Partnerschaft nicht übertragbar sei. In dem hier zu Grunde liegenden Fall handelt es sich nicht um eine gleichgeschlechtliche Ehe; eine verfassungsgemäße Auslegung des § 1592 BGB ist schon allein durch die Auslegung nach dem Wortlaut möglich.