Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 17. Januar 2024 zum Aktenzeichen VII ZB 22/23 entschieden, dass für die Rücksendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses in Form eines strukturierten Datensatzes per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) es erforderlich ist, dass aufseiten des die Zustellung empfangenden Rechtsanwalts die Nachricht geöffnet sowie mit einer entsprechenden Eingabe ein Empfangsbekenntnis erstellt, das Datum des Erhalts des Dokuments eingegeben und das so generierte Empfangsbekenntnis versendet wird. Die Abgabe des elektronischen Empfangsbekenntnisses setzt mithin die Willensentscheidung des Empfängers voraus, das elektronische Dokument an dem einzutragenden Zustellungsdatum als zugestellt entgegenzunehmen; darin liegt die erforderliche Mitwirkung des Rechtsanwalts, ohne dessen aktives Zutun ein elektronisches Empfangsbekenntnis nicht ausgelöst wird.
Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis er-bringt – wie das herkömmliche papiergebundene (analoge) Empfangsbekenntnis – gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Mängelrechte aus einem Vertrag über den Einbau einer Fußbodenheizung geltend.
Gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, eine Berufungsbegründung sei nicht fristgerecht eingereicht worden, hat er mit Schriftsatz seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und zugleich die Begründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Auf den diesbezüglichen Hinweis des Berufungsgerichts, innerhalb der Antragsfrist des Wiedereinsetzungsgesuchs müsse die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden, ein Fristverlängerungsantrag ersetze die Berufungsbegründung nicht, hat der Kläger mit weiterem Schriftsatz seines vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erneut beantragt, ihm gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und zugleich die Begründungsfrist zu verlängern. Durch Beschluss vom 6. Juni 2023 hat das Berufungsgericht sowohl die beiden Wiedereinsetzungsanträge des Klägers als auch seine Berufung gegen das landgerichtliche Urteil als unzulässig verworfen.
Dieser Beschluss ist dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers als elektronisches Dokument zugestellt worden. Nach dem das Datum des 12. Juni 2023 ausweisenden elektronischen Empfangsbekenntnis hat der Prozessbevollmächtigte den Beschluss vom 6. Juni 2023 „heute als elektronische(s) Dokument(e) erhalten“. Dieses elektronische Empfangsbekenntnis hat der Prozessbevollmächtigte am 13. Juni 2023 unter Verwendung des vom Gericht mit der Übermittlung des Beschlusses zur Verfügung gestellten strukturierten Datensatzes aus seinem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) heraus an das Berufungsgericht zurückübermittelt. Mit seiner am 13. Juli 2023 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichts vom 6. Juni 2023, die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist sowie die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Der Senat hat mit Verfügung vom 15. September 2023 darauf hingewiesen, dass die Rechtsbeschwerdefrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO versäumt worden sein dürfte, da das elektronische Empfangsbekenntnis den 12. Juni 2023 als Zustellungsdatum der angefochtenen Entscheidung ausweise, die Rechtsbeschwerde jedoch erst am 13. Juli 2023 eingegangen sei. Die Rechtsbeschwerde vertritt demgegenüber die Auffassung, die maßgebliche Zustellung des angefochtenen Beschlusses habe erst mit der elektronischen Rückübermittlung des Empfangsbekenntnisses an das Berufungsgericht am 13. Juni 2023 stattgefunden, da erst diese den erforderlichen Empfangswillen des Rechtsanwalts dokumentiere.
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden.
Diese Frist, deren Einhaltung das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen selbständig zu prüfen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – VII ZR 248/11 Rn. 6, BauR 2014, 139), begann gemäß § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 13. Juni 2023, da der Beschluss des Berufungsgerichts vom 6. Juni 2023 dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12. Juni 2023 zugestellt worden ist, und endete gemäß § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Fall 2 BGB mit Ablauf des 12. Juli 2023. Beim Bundesgerichtshof eingegangen ist die Rechtsbeschwerde erst nach Fristablauf am 13. Juli 2023.
Die Zustellung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts am 12. Juni 2023 steht aufgrund des elektronischen Empfangsbekenntnisses des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers fest.
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es für den Nachweis des Zeitpunkts der Zustellung eines elektronischen Dokuments durch elektronisches Empfangsbekenntnis nicht auf den Zeitpunkt der Rückübermittlung des elektronischen Empfangsbekenntnisses an das Gericht, sondern auf das im Empfangsbekenntnis vom Empfänger eingetragene Zustellungsdatum an. Dieses ist hier der 12. Juni 2023.
Die Zustellung eines elektronischen Dokuments an einen Rechtsanwalt nach § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen, das an das Gericht zu übermitteln ist. Für die Übermittlung ist der vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellte strukturierte Datensatz zu verwenden (§ 173 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Für die Rücksendung des elektronischen Empfangsbekenntnisses in Form eines strukturierten Datensatzes per beA ist es erforderlich, dass aufseiten des die Zustellung empfangenden Rechtsanwalts die Nachricht geöffnet sowie mit einer entsprechenden Eingabe ein Empfangsbekenntnis erstellt, das Datum des Erhalts des Dokuments eingegeben und das so generierte Empfangsbekenntnis versendet wird (Thomas/Putzo/Hüßstege, ZPO, 44. Aufl., § 173 Rn. 12; vgl. auch BRAK, beA-Newsletter 20/2018 vom 4. Oktober 2018; Biallaß, NJW 2019, 3495). Die Abgabe des elektronischen Empfangsbekenntnisses setzt mithin die Willensentscheidung des Empfängers voraus, das elektronische Dokument an dem einzutragenden Zustellungsdatum als zugestellt entgegenzunehmen; darin liegt die erforderliche Mitwirkung des Rechtsanwalts, ohne dessen aktives Zutun ein elektronisches Empfangsbekenntnis nicht ausgelöst wird (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2022 – 9 B 2/22, NJW 2023, 703, juris Rn. 22; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Mai 2021 – 11 A 481/21.A, juris Rn. 7; OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Januar 2021 – 13 UF 578/20, FamRZ 2021, 1554, juris Rn. 12; vgl. auch Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 15). Auf der Grundlage des geschilderten Willensakts wird das elektronische Empfangsbekenntnis automatisiert aus der verwendeten Software heraus erzeugt und dem Gericht übermittelt; mit dieser Übersendung wird die empfangsbereite Entgegennahme der Nachricht dokumentiert (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2022 – 9 B 2/22, NJW 2023, 703, juris Rn. 22). Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt – wie das herkömmliche papiergebundene (analoge) Empfangsbekenntnis – gegenüber dem Gericht den vollen Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2022 – 9 B 2/22, NJW 2023, 703, juris Rn. 12; OVG für das Saarland, Beschluss vom 27. September 2019 – 1 D 155/19, NJW 2019, 3664, juris Rn. 8 ff.; Anders/Gehle/Vogt-Beheim, ZPO, 82. Aufl., § 173 Rn. 7).
Dass der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers seinen Empfangswillen hinsichtlich des Beschlusses vom 6. Juni 2023 durch die Rückübermittlung des elektronischen Empfangsbekenntnisses in Form eines strukturierten Datensatzes an das Berufungsgericht (erst) am 13. Juni 2023 nach außen dokumentiert hat, vermag nichts daran zu ändern, dass für den Zustellungszeitpunkt der im Empfangsbekenntnis selbst erklärte Zeitpunkt des Erhalts des Beschlusses, hier also der 12. Juni 2023, maßgeblich ist.
Der Kläger hat das im elektronischen Empfangsbekenntnis angegebene Zustellungsdatum auch nicht entkräftet. Es kann dahinstehen, welche Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit der in einem elektronischen Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben zu stellen sind (siehe dazu BSG, Urteil vom 14. Juli 2022 – B 3 KR 2/21 R, BSGE 134, 265, juris Rn. 10 m.w.N.; vgl. auch Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 18). Denn eine Unrichtigkeit wird von der Rechtsbeschwerde nicht konkret behauptet. Insbesondere trägt sie nicht vor, der zweitinstanzliche Rechtsanwalt des Klägers habe den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichts tatsächlich erst am 13. Juni 2023 – und nicht schon am 12. Juni 2023 – empfangsbereit entgegengenommen, wohingegen das frühere Datum etwa aus Versehen oder aufgrund einer technischen Fehlfunktion in das Empfangsbekenntnis gelangt sei. Die Rechtsbeschwerde vertritt lediglich eine abweichende – allerdings unzutreffende – Rechtsauffassung zur Bestimmung des Zustellungszeitpunktes.
Eine – gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO auch von Amts wegen zu gewährende – Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsbeschwerdefrist scheidet aus. Ein anwaltlicher Rechtsirrtum über den maßgeblichen Fristbeginn ist verschuldet und dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.