Unzulässige Anträge gegen die Zustimmung Deutschlands zum Direktwahlakt 2018 (Einführung Zwei-Prozent-Sperrklausel bei Europawahlen)

29. Februar 2024 -

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 06. Februar 2024 zu den Aktenzeichen 2 BvE 6/23 und 2 BvR 994/23 einen Antrag der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI) sowie eine Verfassungsbeschwerde ihres Vorsitzenden als unzulässig verworfen. Diese betrafen das deutsche Zustimmungsgesetz zu einer Änderung des sogenannten Direktwahlakts, die den EU-Mitgliedstaaten vorgibt, zu Wahlen zum Europäischen Parlament eine Sperrklausel von mindestens zwei und höchstens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen einzuführen. Das Zustimmungsgesetz ist noch nicht in Kraft getreten. Aktuell gibt es in Deutschland bei Europawahlen keine gesetzliche Sperrklausel.

Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 23/2024 vom 29. Februar 2024 ergibt sich:

Die PARTEI (Antragstellerin) und ihr Vorsitzender (Beschwerdeführer) sehen sich durch die Einführung der Sperrklausel in ihren Rechten auf Chancengleichheit der politischen Parteien und auf Gleichheit der Wahl verletzt. Die Änderung des Direktwahlakts überschreite die Kompetenzen der Europäischen Union und berühre das in Art. 79 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geschützte Demokratieprinzip und damit die Verfassungsidentität der Bundesrepublik Deutschland.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer legen nicht substantiiert dar, inwieweit die mit der Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland einhergehende Verpflichtung zur Einführung einer Sperrklausel in Höhe von nicht weniger als zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt. Sie zeigen nicht hinreichend substantiiert die Möglichkeit auf, dass das Zustimmungsgesetz einem Ultra-vires-Akt zur Wirksamkeit verhilft oder die integrationsfeste Verfassungsidentität des Grundgesetzes verletzt.

Der Beschluss ist nach § 24 Bundesverfassungsgerichtsgesetz einstimmig ergangen.

Sachverhalt:

Das Organstreitverfahren und die Verfassungsbeschwerde betreffen das deutsche Zustimmungsgesetz zum Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates der Europäischen Union vom 13. Juli 2018 zur Änderung des dem Beschluss 76/787/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 20. September 1976 beigefügten Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (für den geänderten Beschluss: Direktwahlakt 2018). Art. 3 Abs. 2 Direktwahlakt 2018 sieht die Einführung einer obligatorischen Sperrklausel in Höhe von nicht weniger als zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen vor, die für Mitgliedstaaten mit Wahlkreisen von mehr als 35 Sitzen – darunter die Bundesrepublik Deutschland – gilt.

Der Änderung des Direktwahlakts haben bislang 25 der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zugestimmt; die Zustimmungen Deutschlands und Spaniens stehen noch aus. Das Zustimmungsgesetz wurde von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Der Bundespräsident hat – der ständigen Staatspraxis entsprechend – auf Bitte des Senats die Ausfertigung des Gesetzes vorübergehend ausgesetzt.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer sind der Auffassung, die Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes zur Änderung des Direktwahlakts verstoße gegen die im Demokratieprinzip wurzelnden Rechte der Antragstellerin auf Chancengleichheit der Parteien und das Recht des Beschwerdeführers auf Gleichheit der Wahl. Diese Rügen sind im Wesentlichen darauf gestützt, dass Art. 3 Abs. 2 des Direktwahlakts 2018 zum einen wegen Verstoßes gegen den Subsidiaritätsgrundsatz in Art. 5 Abs. 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) die Kompetenzen der Union überschreite und zum anderen das in Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Demokratieprinzip und damit die Verfassungsidentität der Bundesrepublik Deutschland berühre.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Der Antrag im Organstreitverfahren und die Verfassungsbeschwerde sind unzulässig.

Zwar liegt die für die Antrags- beziehungsweise Beschwerdebefugnis erforderliche unmittelbare Rechtsbetroffenheit im hier gegebenen Fall des vorbeugenden Rechtsschutzes vor. Mit dem Inkrafttreten des Direktwahlakts 2018 entsteht für die Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtung, für Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments eine Sperrklausel von nicht weniger als zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen in ihr nationales Recht einzuführen. Die Umsetzung dieser Verpflichtung stellt sich als Erfüllung einer zwingenden unionsrechtlichen Vorgabe dar, der sich die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer Zustimmung unterwirft und der sie sich infolgedessen nicht ohne Weiteres entziehen kann. Dass diese Verpflichtung erst mit dem Inkrafttreten des Direktwahlakts 2018 entsteht, ändert daran nichts.

Soweit Art. 3 Abs. 2 Direktwahlakt 2018 den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum eröffnet und die Einführung einer über die Mindestsperrklausel hinausgehenden Hürde von bis zu fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen ermöglicht, gilt dies jedoch nicht; diesbezüglich führt die Zustimmung zum Direktwahlakt 2018 nicht zum Entstehen einer zwingenden unionsrechtlichen Vorgabe.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer haben jedoch die Möglichkeit einer Verletzung der jeweils geltend gemachten verfassungsmäßigen Rechte nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Werden im Rahmen eines Organstreit- oder Verfassungsbeschwerdeverfahrens – wie vorliegend – Ultra-vires- oder Identitätsrügen erhoben, obliegt es dem Antragsteller beziehungsweise dem Beschwerdeführer, am Maßstab der verfassungsgerichtlichen Kontrollvorbehalte substantiiert darzulegen, inwieweit der angegriffene Rechtsakt das Integrationsprogramm des Art. 23 Abs. 1 GG durch Überschreitung der Kompetenzen der Europäischen Union oder durch Preisgabe der integrationsfesten Verfassungsidentität des Grundgesetzes verletzt.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer legen nicht substantiiert dar, inwieweit die mit der Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zum Direktwahlakt 2018 einhergehende Verpflichtung zur Einführung einer Sperrklausel in Höhe von nicht weniger als zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt.

Bei dem Zustimmungsgesetz zum Direktwahlakt 2018 handelt es sich um die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an einem Rechtsakt der Europäischen Union (Art. 23 Abs. 1 GG).

Gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG wirkt die Bundesrepublik Deutschland an der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist. Grenzen für die Öffnung deutscher Staatlichkeit ergeben sich insbesondere aus der in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegten Verfassungsidentität des Grundgesetzes. Nur bei Wahrung der änderungs- und integrationsfesten Identität der Verfassung ist die Geltung und Anwendung von Unionsrecht in Deutschland demokratisch legitimiert. Darüber hinaus dürfen sich deutsche Staatsorgane am Zustandekommen von Maßnahmen der Europäischen Union, die als Ultra-vires-Akte zu qualifizieren sind, weil sie die Kompetenzen der Union offenkundig überschreiten und zu einer strukturellen Verschiebung im Kompetenzgefüge führen, nicht beteiligen und an ihrer Umsetzung, Vollziehung
oder Operationalisierung nicht mitwirken.

Das Bundesverfassungsgericht prüft die Einhaltung des im Zustimmungsgesetz zu den europäischen Verträgen niedergelegten Integrationsprogramms im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle. Diese setzt eine hinreichend qualifizierte Kompetenzüberschreitung der Europäischen Union voraus, weil nur dann davon die Rede sein kann, dass die Bürgerinnen und Bürger in Ansehung einer Maßnahme der Europäischen Union einer politischen Gewalt unterworfen werden, der sie nicht ausweichen können und die sie nicht prinzipiell personell und sachlich zu gleichem Anteil in Freiheit zu bestimmen vermögen.

Im Rahmen der Identitätskontrolle wacht das Bundesverfassungsgericht über die Wahrung der nach Art. 1, 20 und 79 Abs. 3 GG geschützten und integrationsfesten Verfassungsidentität des Grundgesetzes. Danach ist zu prüfen, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze durch eine Maßnahme der Europäischen Union berührt werden. Beide Kontrollvorbehalte sind zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihrer in Art. 21 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Rechte auf Chancengleichheit der politischen Parteien und auf Gleichheit der Wahl. Im Ausgangspunkt zutreffend gehen sie davon aus, dass gesetzliche Regelungen, die Sperrklauseln für Wahlen zum Europäischen Parlament vorsehen, die Grundsätze der Chancengleichheit der politischen Parteien und der Wahlrechtsgleichheit beschränken und einer Rechtfertigung etwa im Hinblick auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments bedürfen. Sie zeigen indes nicht die Möglichkeit auf, dass der mit dem Zustimmungsgesetz gebilligte Direktwahlakt 2018 das Kompetenzgefüge der Europäischen Union in hinreichend qualifizierter Weise verletzt oder die änderungs- und integrationsfeste Verfassungsidentität des Grundgesetzes berührt und daher die mit der Einführung einer Mindestsperrklausel verbundene Beeinträchtigung der von ihnen geltend gemachten Rechte aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu tragen vermag.

Aufgrund des Vortrags der Antragstellerin und des Beschwerdeführers ist eine Verletzung der Regeln der Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten bereits im Ansatz nicht erkennbar.

Soweit sie anführen, die Änderung des Direktwahlakts stelle eine Übertragung von Hoheitsrechten dar, der der Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG von vornherein entgegenstehe, verkennen sie, dass durch die Änderung des Direktwahlakts keine Hoheitsrechte übertragen werden. Vielmehr beruht der Direktwahlakt 2018 auf der in Art. 223 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Kompetenz der Europäischen Union zur Vereinheitlichung des Wahlverfahrens zum Europäischen Parlament.

Inwieweit der Subsidiaritätsgrundsatz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 EUV der Ausübung der Kompetenzen aus Art. 223 Abs. 1 AEUV Grenzen setzen kann, legen Antragstellerin und Beschwerdeführer ebenfalls nicht nachvollziehbar dar. Art. 223 Abs. 1 AEUV ermächtigt zum Erlass der erforderlichen Bestimmungen für die Wahl nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten. Ein auf der Grundlage des Art. 223 Abs. 1 AEUV erlassener Rechtsakt kann erst in Kraft treten, wenn ihm alle Mitgliedstaaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt haben. Auf diese Weise werden die Entscheidungsspielräume der Mitgliedstaaten in besonderer Weise gesichert. Inwieweit vor diesem Hintergrund Raum für die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips bleiben soll, die der verbindlichen Vorgabe einer Mindestsperrklausel entgegengehalten werden könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin und der Beschwerdeführer geltend machen, mit der Zustimmung zu Art. 3 Direktwahlakt 2018 habe der Gesetzgeber die änderungs- und integrationsfeste Verfassungsidentität des Grundgesetzes nach Art. 79 Abs. 3 GG verletzt, sind ihre Darlegungen ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.

Die Antragstellerin und der Beschwerdeführer verkennen schon den für das Zustimmungsgesetz zum Direktwahlakt 2018 einschlägigen Maßstab des Art. 23 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG.

Nach Art. 23 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG sind die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze der Verfügung durch den Integrationsgesetzgeber entzogen. Neben der Menschenwürde, der Bindung der staatlichen Gewalt an diese und neben den Grundsätzen des Bundestaates, des Demokratie- und des Rechtsstaatsprinzips bezieht sich Art. 79 Abs. 3 GG über die in Art. 1 Abs. 3 GG enthaltene Verweisung auf die nachfolgenden Grundrechte auch auf deren Verbürgungen, soweit sie zur Aufrechterhaltung einer dem Art. 1 Abs. 1 und 2 GG entsprechenden Ordnung unverzichtbar sind. Im Ergebnis sind daher hohe Anforderungen an einen Verstoß gegen Art. 79 Abs. 3 GG zu stellen. Die Norm gewährleistet, dass der Staat unter dem Grundgesetz die grundlegenden Werte der staatlichen Ordnung anerkennt und sie weder aufgibt noch sich für gegenläufige Prinzipien entscheidet. Die Mitwirkung an der europäischen Integration darf nicht dazu führen, dass einer der in Bezug genommenen Grundsätze in seinem substantiellen Gehalt beeinträchtigt oder beseitigt wird.

Mit diesem Maßstab setzen sich die Antragstellerin und der Beschwerdeführer nicht in der gebotenen Weise auseinander. Sie verweisen nur knapp auf Art. 79 Abs. 3 GG und übertragen im Übrigen die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit der Einführung einer Sperrklausel für die Wahlen zum Europäischen Parlament durch das Europawahlgesetz, das heißt durch ein einfaches, nicht auf unionsrechtlichen Vorgaben beruhendes Bundesgesetz. Dabei berücksichtigen sie nicht, dass es sich bei dem Zustimmungsgesetz zur Änderung des Direktwahlakts um ein Integrationsgesetz gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Integrationsverantwortungsgesetz (IntVG) handelt, das gemäß Art. 23 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG nur einer eingeschränkten verfassungsrechtlichen Prüfung unterliegt.

Gemessen am Maßstab des Art. 23 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG erschließt sich auf der Grundlage des Vortrags der Antragstellerin und des Beschwerdeführers nicht, inwieweit die Zustimmung des deutschen Gesetzgebers zur Schaffung einer unionsrechtlichen Mindestsperrklausel im Umfang von zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen für die Wahlen zum Europäischen Parlament im Hinblick auf die deutsche Verfassungsidentität, namentlich den von dieser umfassten Grundsatz der Demokratie, prinzipiell ausgeschlossen sein sollte.

Die Verwirklichung und Wahrung demokratischer Legitimation auch auf der Ebene der Europäischen Union ist Voraussetzung der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der europäischen Integration. Insofern ist maßgeblich, dass die Europäische Union selbst dem Grundsatz der Demokratie verpflichtet ist, der im Primärrecht der Union auch mit Blick auf die fundamentalen Wahlrechtsgrundsätze und die Parteiengleichheit verankert und ausgeformt ist und durch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention abgestützt wird. Die Europäische Union hat nach Art. 223 Abs. 1 AEUV die Befugnis, das Wahlrecht zum Europäischen Parlament in Übereinstimmung mit den in allen Mitgliedstaaten anerkannten Grundsätzen zu regeln. Sperrklauseln sind dabei als das System der Verhältniswahl ergänzende Gestaltungsmittel grundsätzlich anerkannt. Der Unionsgesetzgeber hat bei der Abwägung der Belange der demokratischen Gleichheit und der Sicherung der Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlaments einen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum in Anspruch genommen. Dafür, dass dies in einer die Verfassungsidentität des Grundgesetzes berührenden Weise erfolgt wäre, ist vorliegend nichts dargelegt.

Im Hinblick auf die Zusammensetzung der Kommission verfügt das Europäische Parlament über bedeutsame Kreationsbefugnisse. An der Rechtsetzung der Europäischen Union ist es als gleichberechtigter Mitgesetzgeber neben dem Rat beteiligt, ebenso wie an der Wahrnehmung der Haushaltsbefugnisse. Die effektive Wahrnehmung dieser Aufgaben setzt die Bildung handlungsfähiger Mehrheiten voraus. Deren Zustandekommen wird mit einer wachsenden Zersplitterung des Parlaments, insbesondere durch den Einzug von Kleinstparteien mit ein oder zwei Abgeordneten, erschwert. Hinzu kommt, dass das Europäische Parlament und seine Fraktionen durch ein erhebliches Maß an innerer Heterogenität geprägt sind. Dies erhöht innerhalb der Fraktionen den Bedarf an Abstimmung und Ausgleich.

Aus welchem Grund der europäische Gesetzgeber vor diesem Hintergrund eine unionsweite obligatorische Mindestsperrklausel im Umfang von zwei Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen auch angesichts der damit verbundenen Beeinträchtigung der Grundsätze der Chancengleichheit der politischen Parteien und der Gleichheit der Wahl nicht als sachgerechtes Instrument betrachten durfte, um den Risiken einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments entgegenzutreten, wird von der Antragstellerin und dem Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. Dass dies die Verfassungsidentität des Grundgesetzes berühren würde, ist auch angesichts des mit der Sperrklausel verbundenen Anliegens, die Bedingungen demokratischer Repräsentation in der gesamten Europäischen Union anzugleichen, nicht dargelegt.