Um die Antwort vorwegzunehmen, der Betriebsrat ist berechtigt, eine Befragung der Mitarbeiter des Betriebes durch Fragebögen durchzuführen.
Dem Arbeitgeber steht in einem solchen Fall kein Verfügungsanspruch im Sinne von § 940 ZPO auf Unterlassung der Fragebogenaktion zu.
Für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat geht § 2 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG vom Partnerschaftsgedanken als einem grundlegenden Prinzip des Betriebsverfassungsrechts aus; dem Betriebsrat wird eine Mitverantwortung für den Betrieb und eine Selbstverantwortung für die Arbeitnehmerbelange auferlegt.
Das Betriebsverfassungsgesetz kennt zwar keine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift über die Zulässigkeit derartiger Maßnahmen. Das besagt aber noch nicht, dass die geplante Maßnahme allein deshalb unzulässig wäre. Es ist vielmehr in erster Linie danach zu fragen, ob die Fragen sich ihrem Inhalt nach auf die Aufgaben des Betriebsrats beziehen, wie sie im Betriebsverfassungsgesetz festgelegt sind und ob dabei der Zuständigkeitsbereich eingehalten wird. Wenn und soweit dies der Fall ist, ist es grundsätzlich Sache des pflichtgemäßen Ermessens der Betriebsverfassungsorgane, in welcher Weise sie ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen wollen, soweit nicht das Gesetz hierfür ausdrückliche Bestimmungen insbesondere Einschränkungen enthält. Der Informationsaustausch zwischen Arbeitnehmern und ihren gewählten Vertretern ist nicht in der Form kanalisiert und eingeschränkt, dass er lediglich in den im Gesetz ausdrücklich als Institution vorgesehenen Formen erfolgen könnte, insbesondere in der Betriebs- oder Abteilungsversammlung (§§ 42 ff.). Die Betriebsversammlung hat kein Monopol für den Dialog zwischen der Arbeitnehmerschaft und ihren gewählten Vertretern.Der Fragebogen soll in der Regel auch der Vorbereitung einer Versammlung dienen. Dass der Betriebsrat in seinem Informationsaustausch mit der Arbeitnehmerschaft nicht nur auf Betriebsversammlung angewiesen sind, ergibt sich insbesondere auch aus deren allgemeinen Aufgaben, wie sie für den Betriebsrat in § 80 Abs. 1 Nr. 1 – 3 normiert ist. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben kann ohne weiteres auch dadurch erfolgen, dass die Arbeitnehmerschaft oder eine Gruppe von ihnen dazu veranlasst wird, selbst Vorschläge und Anregungen vorzubringen. Die Betriebsverfassungsorgane brauchen nicht darauf zu warten, dass betriebsbezogene Vorschläge von der Belegschaft aus vorgebracht werden.
Die Möglichkeit einer derartigen Aktion besteht jedenfalls dann, wenn die gewählte Art der Informationsbeschaffung oder des Informationsaustauschs nicht zu über das Gesetz hinausgehenden Eingriffen in die Arbeitgebersphäre führt. Das ist hier bei der vorgesehenen Fragenbogenaktion aber auch nicht der Fall. Die Fragebogen sollen ausgefüllt werden. Ein nennenswerter Zeitaufwand oder eine Störung des Betriebsablaufs ist dadurch kaum zu befürchten. Es ist auch nicht ersichtlich nennenswerte Kosten verursachen würde, so dass etwa gegen die Kostentragungspflicht durch den Arbeitgeber nach § 40 Abs. 1 irgendwelche Bedenken geltend gemacht werden könnten.
Nach den oben genannten Rechtsgrundsätzen ist von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Mitarbeiterbefragung durch den Betriebsrat auszugehen. Es besteht keine Verpflichtung des Betriebsrats den Arbeitgeber vorab um Zustimmung zu der konkreten Mitarbeiterbefragung zu ersuchen. Der Betriebsrat nimmt selbstständig die Interessen der Beschäftigten wahr. Seine Aufgaben führt er unabhängig von Weisungen des Betriebes aus. Seine Funktion als unabhängiges Organ der Mitarbeitervertretung steht in einer vorausgegangenen Inhaltskontrolle der beabsichtigten Mitarbeiter entgegen. Der Betriebsrat entscheidet in eigenem Ermessen über den Inhalt der Fragebögen.
Die Kommunikation des Betriebsrats mit der Belegschaft ist nicht auf die Betriebsversammlung oder die Sprechstunden beschränkt. Der Betriebsrat soll und muss mit der Belegschaft in Austausch stehen. Dies setzt einen regelmäßigen Meinungsaustausch zu allen betrieblichen Fragen voraus. Dieser Meinungsaustausch kann im direkten Gespräch mit dem Mitarbeiter erfolgen. Lediglich eine andere Form des Meinungsaustausches ist die gewählte Fragebogenaktion. Sie dient dem Informationsfluss zwischen Belegschaft und Betriebsrat. Der Informationsfluss ist erforderlich, damit der Betriebsrat seine Aufgaben zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes wahrnehmen kann, § 2 Abs. 1 BetrVG.
Mögliche und zulässige Erörterungsgegenstände auf einer Betriebs- oder Jugendversammlung können grundsätzlich auch zum Inhalt eines Fragebogens gemacht werden, soweit sie die Arbeitnehmer unmittelbar betreffen. Auch in sachlicher Form geäußerte und hier „erfragte“ Kritik an vorhandenen Missständen im Betrieb, insbesondere auch Kritik an Vorgesetzten und Mitarbeitern und Mitgliedern der Vertretungsorgane der Arbeitnehmerschaft selbst ist zulässig, wenn der Betriebsfrieden nicht beeinträchtigt wird, z. B. Kritik oder Fragestellung in unsachlicher oder ehrverletzender Form.
Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1) und der Wahrung des Betriebsfriedens (§ 74 Abs. 2 Satz 2) dienen kann, weil nämlich mögliche Konfliktsfälle frühzeitig erkannt und durch Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bereinigt werden können, so besteht auch umgekehrt die Gefahr der Störung des Betriebsfriedens z. B. durch einzelne Fragen, die nicht objektiv gestellt sind, sondern von vornherein eine bestimmte Antwort nahelegen oder unnötig in die Persönlichkeitssphäre anderer Arbeitnehmer durch verletzende Fragestellung.
Wenn sich die Betriebsrat in der Mitarbeiterbefragung aufgeworfenen Fragen im Rahmen der Aufgaben des Betriebsrates bewegen, ist dies vom Arbeitgeber hinzunehmen. Die Fragestellung muss sich dabei stets im Zusammenhang mit der konkreten Aufgaben Durchführung bewegen. Sie dient dann der Abfrage von Zufriedenheit oder von Unzufriedenheit der Mitarbeiter. Geht es um die Vertragsgestaltung, Entgeltzahlungen und Belastungen durch die Arbeit, ist dieser Punkt erfüllt. Alle diese Aufgaben betreffen die Arbeit des Betriebsrates.
Ob die Durchführung einer Fragebogenaktion als sinnvoll angesehen werden kann und zu dem gewünschten Erfolg, auch in der beabsichtigten statistischen Auswertung, führt, ist eine allein vom Betriebsrat zu entscheidende Zweckmäßigkeitsfrage, keine Rechtsfrage.
§ 94 BetrVG entfaltet keine Sperrwirkung. Wie bereits oben erörtert gibt es keinen Kanon der Kommunikationswege, der ausschließlich auf der Basis von Sprechstunden und Betriebsversammlungen basiert. Der Betriebsrat ist frei darin, zu entscheiden, welche Form der Kommunikation er für zweckmäßiger erachtet.
§ 94 BetrVG begründet ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Personalfragebögen durch den Arbeitgeber. Schutzzweck des § 94 BetrVG ist es, derartige Personalfragebögen von unzulässigen Fragen an den Arbeitnehmer frei zu halten.
§ 94 BetrVG kommt keine umgekehrte Wirkung in Hinblick auf eine Mitarbeiterbefragung durch den Betriebsrat zu. Das Beteiligungsrecht besteht nur zugunsten des Betriebsrates. Eine Beschränkung der Mitarbeiterbefragung durch den Betriebsrat enthält § 94 BetrVG nicht.Ist die durchgeführte Fragebogenaktion insgesamt rechtlich zulässig, sind die damit gewonnenen Ergebnisse auch durch den Betriebsrat verwertbar. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält keinen derartigen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Betriebsrat. Selbst bei rechtswidriger Informationserlangung erscheint eine Verwertung der gewonnenen Informationen zulässig.
Es besteht kein Unterlassungsanspruch bezüglich der Veröffentlichung der Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung.